13 Fakten zum Diesel-Verbot in Großstädten
Fahrverbot für ältere Wohnmobile

Jetzt wird es ernst: Diesel-Fahrverbote in Städten wie Stuttgart und Düsseldorf können kommen, in Stuttgart gilt das Verbot bereits seit dem 01. Januar 2019. Wie geht es weiter und was bedeutet das für Reisemobil-Besitzer?

Basisfahrzeuge Wohnmobile
Foto: Konstantin Tschovikov, Rossen Gargolo

Lange haben wir gebangt, lange haben wir daran festgehalten: Das können die doch nicht wirklich durchziehen. Und jetzt der Schlag ins Gesicht: Doch, sie können es. Sie müssen es sogar, denn der Verein Deutsche Umwelt Hilfe klagt laufend wegen Überschreitung der Luftqualitätsgrenzwerte. Und bekommt Recht. Eigentlich kein Wunder: 2008 vom Europäischen Parlament verabschiedet, gilt seit 2010 in Deutschland der über das Jahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter.

10 Jahre und einen Dieselskandal später, überschreiten die Städte noch immer weit diesen Wert. Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat Ende Februar 2018 durch seinen Beschluss den Weg für Fahrverbote frei gemachtund eine Klagewelle der DUH losgetreten. Über 30Klagen hat der Verein bereits eingereicht, weitere sollen kommen. Doch der Weg zum Fahrverbot ist kein Katzensprung: Zunächst müssen betroffene Städte ihren Luftreinhalteplan so verschärfen, dass eine schnellstmögliche Verbesserung der Schadstoffbelastung eintritt. Auf diesem Weg sind Fahrverbote die letzte Konsequenz. Zumindest auf dem Papier. Was dann meist folgt, sind komplizierte und schwer zu durchdringende Gerichtsverfahren. Die Städte gehen in Berufung, wollen das Urteil nicht hinnehmen und plädieren oft auf die sogenannte Verhältnismäßigkeit.

Schild Dieselfahrverbot
gotohanse/AdobeStock
In Stuttgart schon Realität: Verbotsschilder für Fahrzeuge unter der Euro-Norm 5. Anlieger sind Ausnahmen.

Ein vager Begriff, der in diesem Zusammenhang ungefähr genauso vage definiert und in mehrere Bereiche gegliedert ist: Zum einen müsse die Einführung eines etwaigen, zonalen Fahrverbotes schrittweise erfolgen. So dürfen laut dem Stuttgarter Urteil Verbote für Diesel-Fahrzeuge der Norm Euro 3 und 4 sofort erfolgen, Verbote für Euro-5-Diesel jedoch nicht vor dem ersten September. Eine konkrete Vorstellung zum Umgang mit Euro 6 besteht noch nicht. Zum anderen müsse eine geeignete Zahl an Ausnahmen für verschiedene Berufs- und Anwohnergruppen festgelegt werden sowie Übergangs- und Schonfristen. Die Bundesregierung will unter diesem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zudem Fahrverbote in Städten abwenden, die den Grenzwert nur leicht überschreiten.

Der Caravaning Industrie Verband sieht Hoffnung im Widerstand der Städte. In einem Statement vom Dezember 2018 heißt es: "Die aktuellen Berufungen zeigen, dass die komplette Sperrung von Innenstädten als unverhältnismäßig empfunden wird. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass doch noch pragmatische Lösungen, wie zum Beispiel die Sperrung einzelner Straßen, gefunden werden." In den nächsten Monaten werden sich einige ausstehende Berufungsverfahren entscheiden – und wohl auch die Zukunft abertausender Diesel-Fahrer.

Fahrverbote stellen Reisemobilisten vor Herausforderungen

Basisfahrzeuge Wohnmobile
Konstantin Tschovikov, Rossen Gargolo
Kommen Ihnen diese Schnauzen bekannt vor? All diese älteren Basisfahrzeuge mit Euro 4 sind betroffen: Ford Transit, Mercedes Sprinter, Renault Master, VW Crafter, Iveco Daily und der weit verbreitete Fiat Ducato.

Laut unserer Leserwahl fühlen sich 54% der Befragten mäßig bis stark betroffen. Hart trifft es vor allem Besitzer älterer Fahrzeuge, die in drohenden Fahrverbotszonen zugelassen sind, laut CIVD fünf Prozent des Gesamtbestands. Wo außerhalb der Verbotszone parken? Und selbst wenn das Fahrzeug auf Privatgrund steht, kann man sich zum Urlaubsantritt nicht aus der Stadt katapultieren.

Das Thema Städtereisen sehen wiederum viele gelassen, stehen ohnehin lieber im Grünen vor der Stadt und besichtigen die Zentren mit Bus und Bahn oder dem Rad. Zudem geben viele an, dass ihre Lieblings-Urlaubsregionen nicht betroffen sind. Tatsächlich ist manches weniger dramatisch als gelegentlich dargestellt. Trips nach Berlin oder Hamburg sind trotz der Fahrverbote nach wie vor möglich.

Die wenigen Camping- und Stellplätze in Innenstädten hingegen trifft es besonders hart, ihre Existenz hängt von Campern ab, die bisher gerade die Plätze im Zentrum von Stuttgart oder Köln schätzen. Einige Betreiber sind dabei, alles zu tun, um die Städte und nötigen In- stanzen von Ausnahmeregelungen zu überzeugen und ihre Bestürzung zu äußern; einige befürchten die Schließung ihres Platzes.

Frühere Ausnahmen geben Hoffnung: Der Reisemobilhafen Köln hat mit der Stadt damals bei der Einführung der Umweltzone eine Allgemeinverfügung bewirkt, die Besuchern erlaubt, auch ohne grüne Plakette auf direktem Weg zum Platz zu fahren. Auch der Reisemobilstellplatz am Kuhhirten in Bremen macht dies möglich. Ob eine solche Regelung nun auch bezogen auf die Diesel-Fahrverbote geltend gemacht werden kann, ist fraglich.

Eine andere Lösung für Fahrverbote fordert die Initiative C-Kennzeichen: Reisemobile sollen analog zum H-Kennzeichen durch ein C von den Fahrverboten ausgenommen werden. Fast 12.000 Stimmen zählt die Liste der Unterstützer mittlerweile, ob das ausreicht, ist noch offen.

Mittlerweile wird die DUH, die für die vielen Klagen und die drohenden Fahrverbote mitverantwortlich ist, scharf kritisiert und ihre Gemeinnützigkeit angezweifelt. Unter anderem die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer spricht sich gegen das Verhalten dieser Organisation aus, will sie prüfen lassen und fordert, dass die DUH keine Gelder mehr vom Bund bekommt. Wir sind auf die Maßnahmen gespannt.

Wenn alles nichts hilft, hilft nur eins: nicht verzagen. Wenn Sie in Ihrem Wohnort betroffen sind, keine Ausnahmegenehmigung bekommen, nicht nachrüsten können oder möchten, hilft wohl oder übel nur der Parkplatz außerhalb und das Meiden betroffener Innenstädte. Außerdem vielleicht ein kleiner Kurzurlaub, um die Städteproblematik mal für einen Moment zu vergessen.

Welche Städte sind betroffen?

Stand 08.03.2019: In vielen Städten wird es bald ernst. Stuttgart hat großflächige Fahrverbote eingeführt. Hamburg dient als Vorbild von streckenbezogenen Verboten für Berlin und Darmstadt. Städte wie Köln, Bonn, Aachen und Frankfurt stehen haarscharf vor der Einführung von Fahrverboten, legten Berufung ein. In Köln soll die Zone der Umweltzone entsprechen, Bonn soll Brennpunkt-Straßen sperren, in Essen soll die erste Autobahn (A 40) betroffen sein. In vielen weiteren Städten setzt sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) juristisch für Fahrverbote ein.

  • In Hamburg, Berlin, Stuttgart und Darmstadt sind Diesel-Fahrverbote bereits rechtskräftig.
  • In Mainz, Frankfurt, Aachen, Köln, Bonn, Essen und Gelsenkirchen drohen Fahrverbote, die Städte haben jedoch bereits Berufung dagegen eingelegt.
  • In München und Wiesbaden wurde das Fahrverbot abgewendet. Mehr Infos hier.

Erste Ausnahmegenehmigung für Reisemobile ausgestellt

Jedoch gibt es für Wohnmobil-Besitzer einen Silberstreifen am Horizont. Er lautet: Freifahrtschein. Laut Stuttgarter Nachrichten wurde am 3. Dezember 2018 der erste Ausnahmegenehmigung erteilt – in Stuttgart gilt seit dem 1. Januar 2019 ein Fahrverbot für Diesel der Schadstoffklasse Euro 4 und schlechter (siehe oben).

Den ersten Freifahrtschein für Stuttgart erhielt ein Reisemobilist. Bereits am ersten Tag der Freifahrtschein-Erteilung gingen 230 Anträge bei der Stadt ein, sowohl von Bewohnern der Stadt als auch von Dieselfahrern aus angrenzenden Regionen. Insgesamt rechnen die Behörden mit 7200 Anträgen, also rund zehn Prozent der betroffenen Dieselfahrzeug-Halter in der Region.

Eine Ausnahme in Stuttgart wird gestattet, wenn der Fahrzeughalter bestätigt, dass das Fahrzeug eine grüne Plakette hat, kein alternatives Fahrzeug zur Verfügung steht und das Fahrzeug vor dem 1. Januar 2019 auf den Halter zugelassen wurde. Bei der Stadt kümmert sich ein zehnköpfiges Team um die Anträge.

Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe kommentiert die Ausnahmen wie folgt: "Ausnahmen von Fahrverboten für Wohnmobile mit hohen Schadstoffemissionen werden allenfalls in einer Übergangsfrist bestehen. Gerade Besitzer von Wohnmobilen profitieren von einer intakten Umwelt und die ‚Saubere Luft’ ist dabei eines der wichtigsten Ziele. Die zwischenzeitlich verabschiedete Nachrüstrichtlinie wird dazu führen, dass noch im Frühjahr konkrete Nachrüstlösungen für die meisten Wohnmobile auf den Markt kommen." Von der Umrüstung als dauerhafte Lösung haben wir bereits 2018 berichtet.

13 Fakten zum Diesel und den Fahrverboten

Stuttgart
promobil
An Tagen mit zu hoher Feinstaubbelastung rief Stuttgart schon seit längerem dazu auf, freiwillig auf Bus und Bahn umzusteigen (Feinstaubalarm). Da diese Maßnahme nicht die gewünschten Ergebnisse brachte, werden jetzt Fahrverbote verhängt.

1. Als jemand, der sich kurz vor der Entscheidung für ein neues Reisemobil befindet, fühle ich mich durch die aktuelle Diskussion um den Diesel stark verunsichert. Wäre es jetzt nicht sinnvoller, die Kaufabsicht erst noch ein Weilchen zurückzustellen?

Die größten Einschränkungen, die in naher Zukunft für Dieselfahrzeuge drohen, sind lokal und zeitlich begrenzte Fahrverbote. In den meisten Fällen werden die aktuellen Euro-6-Diesel-Fahrzeuge davon aber auf absehbare Zeit ausgenommen sein. Ärgerlich daran ist jedoch, dass jede Stadt, jede Region und jedes Land in Europa eigene Regelungen einführt, die teils sehr undurchsichtig sind.

2. Wie stark beeinträchtigen Fahrverbote den Urlaub mit dem Reisemobil?

Das Reisen mit Fahrzeugen wird sicher komplizierter werden, da man sich jeweils im Vorfeld informieren muss, wo Fahrverbote bestehen könnten. Das betrifft nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa. Doch als Reisemobiltourist sollte man die meisten Einschränkungen ganz gut umgehen können – schwieriger wird es, wenn man selbst in einer Umweltzone wohnt.

Der Rat der promobil-Redaktion bleibt aber: Lassen Sie sich durch diese Unwägbarkeiten nicht die Freude an unserer wunderbaren Urlaubsform vermiesen. Das ist nicht etwa Zweckoptimismus, sondern sachlich begründet.

3. Welche Diesel kann man noch kaufen? 

Neue Reisemobile sind von den bevorstehenden Fahrverboten nicht betroffen, da sie im Normalfall Euro 6 erfüllen. Bei gebrauchten Dieseln sollte man sich genau überlegen, ob man noch ein Reisemobil mit schlechterer Abgasnorm kauft – ihnen drohen Fahrverbote. 

4. Verlieren die Diesel nun schneller an Wert? 

Auch wenn Marktbeobachter etwas anderes berichten, wirkt sich die Diskussion um Fahrverbote negativ auf die Restwerte von Pkw mit Dieselmotor aus. Händler werten bereits jetzt Diesel mit Euro 5, die sie in Zahlung nehmen, um bis zu zehn Prozent ab. Reisemobile sind aber wertstabiler. 

5. Sollte man Benziner kaufen? 

Zum einen kommen Benzinmotoren allenfalls bei kleineren Campingbussen in Frage. Zum anderen drohen auch ihnen Fahrverbote. Kommt etwa die blaue Plakette so wie einst geplant, werden auch ältere Ottomotoren mit schlechterer Norm als Euro 3 genauso ausgesperrt. 

6. Wird es in ganz Deutschland Fahrverbote geben? 

Davon ist nicht auszugehen. In den meisten Gegenden Deutschlands wird der Grenzwert nicht überschritten. In den großen Ballungsgebieten sieht es aber schlechter aus. Bei den Kollegen von auto-motor-und-sport.de können Sie nachlesen, in welchen anderen Städten Fahrverbote drohen.

7.  Wann ist mit den Fahrverboten zu rechnen? 

Das Urteil sieht vor, dass die Fahrverbote mit Übergangsfristen und schrittweise eingeführt werden. Für Stuttgart bedeutet dies beispielweise, dass Fahrverbote Diesel-Euro-5-Fahrzeuge frühestens ab 1. September 2019 kommen dürfen.

8. Hilft die blaue Plakette? 

Eine Entscheidung zum Thema "Blaue Plakette" wird nun erwartet, da sie eine deutschlandweite Regelung ermöglicht – und es für die Behörden leichter macht, Fahrzeuge mit geringem Schadstoffausstoß zu identifizieren. Stand heute dürften in Fahrverbotszonen nur Diesel ab Euro 6 und Benziner ab Euro 3 fahren. Das ursprüngliche Konzept sah eine Übergangsfrist von zwei Jahren vor. Das hätte Zeit gebracht, um in Ruhe den nächsten Reisemobilkauf zu planen.

9. Werden ganze Städte für Dieselautos gesperrt? 

Was in den Städten umgesetzt wird, lässt sich nicht voraussagen. Nach jetzigem Stand sollen aber nur besonders belastete Teile einer Kommune für Dieselfahrzeuge gesperrt werden, nicht das ganze Stadtgebiet. 

10. Kann man eine Ausnahme von Fahrverboten erwirken? 

Auch das ist eine Sache, die von Stadt zu Stadt verschieden sein kann. Grundsätzlich sind Außnahmen laut Bundesverwaltungsgericht möglich. Beispielsweise für Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen. Wobei Kommunen wohl eher sparsam mit Ausnahmeregelungen umgehen werden.

11. Kann eine Umrüstung vor Fahrverboten schützen? 

Ja. Doch bislang halten sich die Automobilhersteller mit Nachrüstlösungen zurück, da die rechtliche Lage nicht eindeutig ist. Dass auf diesem Sektor aber bereits etwas passiert, wird durch das Thema der Diesel-Nachrüstung deutlich.

12. Für welche Fahrzeuge wird es Umrüstungen geben? 

Den Informationen nach dürfte es Nachrüsttechniken für Volumenmodelle mit Euro-5- sowie der frühen Euro-6-Norm geben. Das würde bedeuten, dass die Technologie auch für gängige Basisfahrzeuge von Reisemobilen wie beispielsweise für den Fiat Ducato, den Ford Transit, den Mercedes Sprinter oder den Renault Master einsetzbar ist. 

13. Wo finde ich die Norm meines Autos?

Im Fahrzeugschein. Bei Fahrzeugen mit EZ nach Oktober 2005 entscheiden die letzten beiden Ziffern der Kennzahl im Feld 14.1. Steht dort eine Zahl zwischen 00 und 88, hat ihr Fahrzeug Euro 4 und schlechter, die Kennung 35A0 bis 35M0 bedeutet Euro5 und 36N0 bis 36Y0 Euro 6. Fahrzeuge mit EZ vor Oktober 2005 finden diese Schlüsselnummer in der linken oberen Ecke des Fahrzeugscheins unter "Schlüsselnummer – zu 1". Alternativ kann die Euro-Norm auch in Klartext im Feld 14 stehen.
Achtung: Bei LKW-Zulassung über 3,5 Tonnen werden die Normen in den römischen Zahlen Euro I bis VI angegeben.

Bedeuten die Fahrverbote nun das Ende für den Diesel? 

"Keineswegs", ist sich Stefan Bratzel vom Institut CAM (Center of Automotive Management) in Bergisch Gladbach sicher. "Es gibt saubere Diesel-Technologien, aber mit SCR-Katalysatoren wird die Abgasreinigung deutlich aufwendiger und teurer." 

Doch das ist für viele Fahrzeugbesitzer noch Zukunftsmusik. Die Gegenwart zählt. Und die sieht Stand heute noch ziemlich düster oder – um beim Thema zu bleiben – stickig aus: Reisemobilisten und andere Fahrzeughalter, die einen Diesel mit Euro 5 oder darunter besitzen, befürchten bald, an den Stadtgrenzen gestoppt zu werden. Eine durchaus berechtigte Angst. Nur, was lässt sich dagegen tun? Leserfrage: Welche Euro-6-Norm hat mein Wohnmobil?

Im Artikel über drohende Fahrverbote schreiben Sie, dass es noch keine gängigen Reisemobile gibt, die die Abgasnormen 6d oder 6d temp erfüllen. Im Fahrzeugschein meines neu erworbenen Mobils steht unter Punkt 14.1 die Kennzahl 36YO. Demnach müsste das Fahrzeug doch eigentlich die zurzeit höchste Abgasnorm erfüllen, oder liege ich da falsch?

Antwort: Es ist schon richtig, dass der Schadstoffschlüssel 36Y0 die bei den Basisfahrzeugen für Reisemobile derzeit höchste Abgasnorm kennzeichnet. Allerdings handelt es sich hierbei um Euro 6b. Die nächsthöhere Abgasnorm Euro 6c wird mit den Ziffern 36ZA–36ZD gekennzeichnet, sofern die Emissionswerte mit dem NEFZ-Verfahren ermittelt wurden. Wurde nach dem WLTP-Zyklus gemessen, ist Euro 6c mit den Schadstoffschlüsseln 36AA–36AF eingetragen. Das erste bei Reisemobilen gängige Basisfahrzeug, das diese Norm erfüllt, wird der neue Mercedes Sprinter sein. Fahrzeuge mit Euro 6d oder 6d temp gibt es bislang nur bei Pkw.

Stellungnahme des CIVD

Der CIVD, der Caravaning Industrie Verband e.V., lehnt die Fahrverbote ab. Der Verband ruft Stadte und Kommunen auf, alles zu tun, um sie zu vermeiden. Im besonderen gibt es drei Punkte, die der CIVD fordert:

1. Ausnahmeregelungen für Anwohner: Vor allem die Bewohner der betroffenen Städte sollen geschont werden: "Reisemobilbesitzer, die in möglichen Fahrverbotszonen leben, müssen darauf vertrauen können, dass sie ihre Reisemobile auch in Zukunft weiter uneingeschränkt nutzen können."

2. Bundeseinheitliche Lösung: Der CIVD warnt vor unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Städten und Regionen und fordert eine einheitliche Lösung für Deutschland.

3. Alle Möglichkeiten zur Schadstoff-Reduzierung nutzen: Um Fahrverbote zu vermeiden, sollen bereits gestartete Maßnahmen verstärkt werden. Dazu gehören Infrastrukturmaßnahmen, Verlehrslenkung und die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Nachrüstungen könnten die Lösung sein

SCR-Katalysatoren sollen den Ausstoß von Stickoxiden auf 270 mg je Kilometer im Realbetrieb senken. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat jüngst die technischen Anforderungen an NOx-Minderungssysteme veröffentlicht. Das Kraftfahrt-Bundesamt kann die Genehmigungen, die die Hersteller der Systeme beantragen, erteilen und eine Allgemeine Betriebserlaubnis ausstellen. Nun sei es an den Herstellern, schnellstmöglich ihre Systeme abnehmen zu lassen und anzubieten. Damit sind hier jedoch nicht die Automobilhersteller gemeint: Diese sträuben sich beharrlich gegen Hardware-Nachrüstungen. Anbieter wie HJS, Oberland-Mangold und Twintec offerieren hingegen solche Systeme, längst jedoch noch nicht für alle Modelle.

Zu diesem Thema verhielt sich die Industrie aber bislang sehr abwartend. Einige Autozulieferer zeigen sich indes offen und rücken so langsam mit ihren Konzepten heraus. Die meisten Fahrzeughersteller halten die Umrüstung dagegen bislang weder für möglich noch für sinnvoll. 

Das könnte nur vorgeschoben sein, glaubt der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (siehe Interview unten): "Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass sich die Hersteller über die blaue Plakette freuen, weil das ja ein Geschäftsmodell ist." 

Damit meint die Industrie vor allem auch einen staatlichen Zuschuss wie damals bei den Partikelfiltern. Das sichere die Auftragslage, betonen die Firmen. Die Regierung will derzeit aber nichts von einer Förderung wissen. Denn der Umbau auf einen SCR-Katalysator, der den Stickoxidausstoß unter Realbedingungen im Schnitt ungefähr halbiert, sei ziemlich aufwendig. Die Kosten für die Nachrüstung eines Euro-5-Modells – und darunter fällt ein Großteil der jüngeren Basisfahrzeuge von Reisemobilen – sollen mindestens bei 1500, eher aber bei 2500 Euro liegen – stolze Beträge. 

Vielleicht beschleunigt ja die EU mit ihrem Wettbewerb für Nachrüstlösungen die ganze Sache tatsächlich. Gesucht werden dabei Techniken für Euro-5- sowie frühe Euro-6-Fahrzeuge, die die Vorgabe einhalten, nicht mehr als 2000 Euro an Gesamtbetriebskosten zu verursachen, bezogen auf eine Nutzungsstrecke von 100.000 km. 

Damit würden Euro-4-Diesel und darunter aber auch zu Auslaufmodellen degradiert. Für sie könnten Nachrüstungslösungen wegen hoher Kosten eine Utopie bleiben. Somit träffen diese Autos definitiv die künftigen Fahrverbote – zumindest in den Städten. 

Wer auf dem Land wohnt und für den Ausflug in die Stadt ohnehin den ÖPNV nutzt, muss sich nicht sorgen. Es sei denn, er will seinen alten Diesel verkaufen. Aus dem Handel ist zu hören, dass jetzt schon Euro-5-Selbstzünder bei der Inzahlungnahme um bis zu zehn Prozent abgewertet werden. 

Heilsbringer blaue Plakette?

Die blaue Plakette könnte die Diskussionen um Diesel-Fahrverbote schnell beenden. Doch die lehnte Verkehrsminister Alexander Dobrindt 2017 noch kategorisch ab – trotz Gegenwind aus der Koalition. Aus seiner Sicht sollten Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität nicht die Mobilität einschränken oder die Bürger und die innerstädtische Wirtschaft belasten. Seine Lösung zielt daher vor allem auf Taxen, Busse und Behördenfahrzeuge, die sich meist in der Stadt bewegen und auf alternative Antriebe umgestellt werden sollen. 

Diesen Vorschlag hat das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg bereits für Stuttgart untersucht. Das Ergebnis: Dobrindts Vorschlag reduziert die NOX-Belastung nur um 14 Prozent – die blaue Plakette würde bis zu 95 Prozent einsparen. Somit bliebe sie eine Option, doch die Idee liegt auf Eis.

Nachgefragt bei Winfried Hermann, Verkehrsminister in Baden- Württemberg 

(Interview Juli 2017)

Minister
promobil
Ein Jahr Feinstaubalarm mit freiwilligem Autoverzicht in Stuttgart liegt hinter uns. Ist das Projekt ein Erfolg gewesen? 

Es war ein schwieriges Anliegen, im Grunde sind wir aber erfolgreich, denn wir haben ein Bewusstsein für unsere Probleme bei der Luftreinhaltung geschaffen – nicht so erfolgreich waren wir beim Werben für das freiwillige Umsteigen auf andere Verkehrsmittel. Das waren leider ein paar Prozent zu wenig. 

Also wird gehandelt und der Diesel in Stuttgart ab 2018 ausgesperrt. Andere Städte könnten folgen. Ist das jetzt das Ende für den Diesel? 

Wir haben ein Wirkungsgutachten für Stuttgart machen lassen, wo wir alle möglichen Maßnahmen durchgerechnet haben. Und es ist sehr eindeutig, dass den größten Effekt ein totales Diesel-Fahrverbot hätte. Doch wir sind nicht gegen den Diesel. Wir wollen ihn nicht verbieten, das ist ja völlig unverhältnismäßig. Die blaue Plakette geht von der Grundüberzeugung aus, dass es saubere Dieseltechnologien gibt – und das sind Euro-6-Diesel. Deswegen wollen wir nicht alle Diesel verbieten. Ein totales Verbot hätte kaum mehr Nutzen als die blaue Plakette. 

Der Bund sperrt sich gegen die blaue Plakette. Somit kommen jetzt die Gerichte zum Zug. Kann Ihr Konzept für Stuttgart ein Vorbild für andere Städte mit Stickoxidproblemen sein?

Ich denke, die anderen Städte schauen sehr genau hin, was wir tun. Ich glaube auch, dass die Gerichte in diesem Jahr eine wichtige Rolle spielen werden. Es genügt ein mutiger Richter, dem es reicht. Wenn die Politik nicht handelt, dann ordnet er es eben an. Der Richter in Stuttgart war kurz davor, die belastete Gegend in der Stadt komplett für den Verkehr zu sperren. 

Glauben Sie, dass der Bund im Wahljahr noch reagiert und die blaue Plakette beschließt? 

Der Bund muss handeln – nur: Er handelt nicht. Und zwar seit Jahren. Darüber hinaus ist das Problem auch noch nicht bei allen meinen Verkehrsministerkollegen angekommen. Sie wollen keine Fahrverbote. Die schauen nur, dass der Verkehr fließt, und ignorieren, wie schädlich die schadstoffbelastete Luft für die Menschen ist. 

Mit dieser Einstellung tun sie auch dem Diesel keinen Gefallen. Es ist doch ein Treppenwitz der Geschichte, dass ein grüner Ministerpräsident, ein grüner Verkehrsminister und ein grüner Oberbürgermeister den Diesel der Automobilindustrie mit der blauen Plakette retten müssen. Aber ich wette, egal wer im September die Bundestagswahl gewinnt, die blaue Plakette wird im Koalitionsvertrag stehen. 

Die EU fördert die Nachrüstung von Stickoxidfiltern mit einem Wettbewerb, damit auch Euro-5-Diesel weiterhin fahren dürfen. Hätte das nicht Deutschland schon längst machen sollen? 

Die Autoindustrie ist intelligent und innovativ genug, dass sie solch ein Konzept vorlegt, ohne dass die Politik sie dazu drängt. Sie haben lange genug mit der alten Technik Geld verdient. Daher müssen die Marken zur Lösung beitragen und sich nicht bei der Politik beschweren, wir muteten ihr was zu, was nicht gehe. Aber das kann auch nur vorgeschoben sein. Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass sich die Hersteller über die blaue Plakette freuen, weil das ja ein Geschäftsmodell ist. 

Glauben Sie, das Problem durch Fahrverbote oder die blaue Plakette ein für alle Mal zu lösen? 

Das glaube ich nicht – nicht mehr, um genau zu sein. Wenn Sie mich vor 15 Jahren gefragt hätten, als das Konzept mit den Plaketten erfunden wurde, dachte ich, mit der grünen Plakette sei das Ende der Abgasreinigung erreicht. Wir mussten aber alle lernen, dass sie nicht alle Probleme löst. Daher bin ich sicher, dass auch die blaue Plakette nicht das Ende der technischen Entwicklung darstellt. Durch Abwarten lösen wir die Probleme nicht. 

Fazit

Kommentar von Redakteurin Mona Pekarek: "Ich fahre einen ausgebauten Citroën Jumper mit Euro 5. Und viel. Zugegeben, manchmal dehne ich die StVO etwas aus, da kommt mir die Idee: Einfach trotz drohenden Verbots fahren? Sicher hat darüber jeder schon mal nachgedacht. Fakt ist aber, dass dann Städte wie Stuttgart die Werte nicht verbessern könnten und schärfere Kontrollen und Maßnahmen einführen würden. Müssten. Wieder nichts gewonnen. Zuletzt ist neue Bewegung in die Diskussion um die Gefährlichkeit von Stickoxid gekommen. Die Ungewissheit hat dadurch nicht abgenommen. Mittendrin der sagenumwobene Begriff der Verhältnismäßigkeit. Wir bleiben dran an der Frage: Diesel raus? Und schließen mit einem Zitat der Ärzte: Soll es das gewesen sein?"

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Erscheinungsdatum 03.05.2023

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