Wo er auftaucht, sehen selbst die meisten anderen Luxusmobile winzig aus. Der Schweizer Andreas Gassmann fährt das wohl zurzeit verrückteste Mega-Wohnmobil. 13,20 Meter lang und 4 Meter hoch, 510 PS, plus Dachterrasse, das ist die Kurzformel für eine ganz besondere Art des Reisens. Auch nach üblichen Maßstäben richtig große Wohnmobile schrumpfen zu Legolandschafts-Miniaturen, betrachtet man sie von Gassmanns Platz an der Sonne.
So einen Riesentruck kennt man sonst nur aus dem US-Fernsehen. Hier auf dem Campingplatz „La Marina“ an der spanischen Costa Blanca ist der Schweizer Super-Camper die große Attraktion. Gassmann hat seinen 26-Tonner noch nicht ganz auf dem Sandstreifen zum Stehen gebracht, da empfängt ihn schon eine Traube Schaulustiger. Unter lauten Aahs und Oohs führt der Schweizer sein Wunderwerk der Technik vor. Er wirkt wie ein kleiner Junge, der stolz sein Spielzeug zeigt.
Die zündende Idee

Die Idee dazu hatte der 61-jährige Pensionär in einer Burnout-Klinik. Vor drei Jahren war er dort gelandet, fertig von jahrzehntelangen 7-Tage-Wochen. Der gelernte Elektroniker hatte sich für seine eigene Firma abgearbeitet und in der Klinik den Entschluss gefasst, sein Unternehmen zu verkaufen und zu leben. Fortan widmete er sich seinem eigenen Projekt, der „Helvetic One“. So hat er seinen Reisetruck genannt. „Der US-Präsident hat die Airforce One und ich die Helvetic One“, grinst Gassmann. Ein Angeber ist er trotz des lässigen Spruchs nicht, eher ein Verrückter, wie er selbst sagt. „Ich habe einfach Freude an Verrücktem. Mit 30 bin ich im Mitsubishi die Rallye Paris–Dakar gefahren. Heute fahre ich mit meinem Truck durch Europa.“ Auf diese Weise hat der Ex-Unternehmer schon elf Länder bereist.
Für seinen Wohntraum hat er einen fast siebenstelligen Betrag hingelegt. Über die genaue Summe schweigt der Schweizer lieber. Alles an seinem Lebenstraum auf Rädern ist maßgeschneidert. Die Anregungen dazu kamen aus den USA. Gassmann hatte dort die wichtigsten Messen besucht, es hatte „Klick“ gemacht und er wusste: So ein Mega-Mobil wollte er auch. Mit einem Stapel Fotos und Zeichnungen traf er die Konstrukteure der Firma Interhorse und gab ihnen den Auftrag zum Bau seines Megaliners. Eigentlich fertigt die Firma ausschließlich Luxuspferdetransporter.
Fahrendes Kunstwerk
Gebaut wurde das Reisemobil in Ungarn, nur dort konnte Gassmann seine individuellen Wünsche verwirklichen, wie er sagt. Und die haben es in sich.

Chromglänzend, feuerverzinkt,den Smart in der Heckgarage immer genauso dabei wie seine beiden E-Bikes. Mit schwenkbarer Barbecuestation, bestehend aus Keramikgrill und Kühlschrank, 1000 Liter Frischwasser, 8-Kilowatt-Stromgenerator könnte er auch locker wochenlang in der Wüste überleben. Die Komplettlackierung in Airbrush-Technik hatte einbefreundeter Künstler übernommen. Wenn man so will, ist es ein fahrendes Gesamtkunstwerk. Ein „Seven Star Home“ behauptet der Schriftzug auf der Front. „Ich habe in den teuersten Hotels der Welt übernachtet, da werde ich mich doch nicht mit weniger Sternen zufrieden geben“, und schon wieder grinst er.
Wer den 61-Jährigen besucht, bekommt erst mal blaue Plastiküberzieher gereicht. Auf den weichen Teppichen mit zentimeterhohem Flor wären Straßenschuhe wohl auch fehl am Platz. Gassmann zeigt auf das WC neben dem Eingang. Das sei was Besonderes. „Ganz aus Porzellan, so bequem wie zu Hause“, erklärt er. In der Küche die neueste Technik, inklusive Spülmaschine. Nebenan sitzen seine Gäste auf einer weißen Ledercouch mit Plüsch.

Gassmann ist Technikfreak. Zwei versenkbare Fernseher mit Hifi-Anlage sind ebenso an Bord wie ein Überwachungssystem, die Klimaanlage und eine Fußbodenheizung. Neben aller Verrücktheit ist der Schweizer Ex-Unternehmer bodenständig. „Ich reise allein und mache daher alles selbst. Waschmaschinentrockner und maßgefertigtes Bügelbrett müssen sein.“ Über der Smart-Garage befindet sich sein Schlafzimmer. Und weil nur ein Doppelbett wie zu Hause in Frage kam, musste der Raum ausfahrbar sein, übrigens genauso wie der Wohn-und Küchenbereich. Mit sogenannten Slide-outs gewann er einen halben Meter Breite.
Das Mega-Mobil auf dem Campingplatz
Auf Mobile, wie es Gassmann besitzt, sind die wenigsten Campingplätze vorbereitet. Auch auf dem Fünf-Sterne Resort „La Marina“ passte Gassmann nur mit Mühe durch den Noteingang und fand einen provisorischen Platz. „Wir beobachten, dass immer mehr große Mobile kommen, aber darauf sind wir noch nicht gut vorbereitet“, beschreibt Marketingleiterin Cintia Torres die Situation. Gassmann nimmt es gelassen. Es gebe sowieso nur einen perfekten Stellplatz, meint er. „Wenn ich alles gesehen habe, dann möchte ich mit meiner Helvetic One oben auf dem Gotthard stehen.“