Natur bewahren ohne Schnaken. Moderne CamperInnen haben ein seltsames Verhältnis zur Natur. Einerseits wollen sie in die Natur hinein, andererseits wissen sie kaum noch, was diese ominöse Natur eigentlich ausmacht. Gilt die gemähte Wiese auf dem Campingplatz schon als solche? Aber traue ich mich da wirklich barfuß drüber zu spazieren? Könnte ja pieken, könnte ja wo reintreten. Käfer? Distel? Entenkacke!
Was heißt das: Raus in die Natur?
Wenn wir davon sprechen "raus in die Natur zu gehen", meinen wir die Kulturlandschaften zwischen den Städten: Äcker, Weiden, Nutzwälder, Alleen und Baggerseen. Fürs Auge schön anzusehen, die grüne Farbe, gepaart mit frischer Luft, beruhigt die gestresste Seele. Aber das Reh dort im Walde ist nur geduldet, wird nicht vom Wolf gerissen, sondern vom Jäger beweidet.
Auf den Berg, da geht die Gondel, und das Seegras im See wird in Ufernähe gemäht. Mit schwimmenden Mähern, damit Boote anlanden können und Schwimmer sich nicht ekeln müssen, wenn es sie gefühlt in die Tiefe zerrt. Bloß nicht zu viel von dieser "Natur"!
Auch in Zeiten von Annalena Habecks und fiesen Tornados mitten in Europa frage ich mich immer wieder, wie viel ich Stadtmensch diese Natur eigentlich kenne? Wie viel ich davon will und überhaupt bewahren mag!
Wie viel Zeit nehmen wir uns, um das, was an Natur übrig ist, zu verstehen? Für die Ruhe und die innere Einkehr? Wer nimmt sich noch die Zeit, Vögel zu beobachten? Doch nur noch der arme ADHS-geplagte! ("Oh schau mal, ein Vogel!")
Ornithologie ist nicht gerade ein Trendsport. Aber wie geil ist es denn, einen Greifvogel vom Campingbus aus Tag für Tag beim Leben zu beobachten. Wo und wie er jagt, wie er fliegt und zu sehen, wo seine Plätze sind. Wo sind die Fragen nach den Details? Die Lust auf Antworten?
Wer einen Angelschein machen möchte, benötigt hierfür einen 30-stündigen (sic!) Kurs. Da gibt’s wohl viel zu lernen. Wenn man aber mit Menschen durch den Wald läuft, kennt kaum einer nur eine Baumart. "Wie sah noch mal eine Douglasie aus? Was unterscheidet die Tanne von der Fichte?"
Woher kommt die Sehnsucht nach Natur?
Wer wenig weiß und kein Auge hat für das, was ihn umgibt, dem wird schnell langweilig. Warum wollen alle denn dann überhaupt in diese Natur? Wofür ist sie ihnen wichtig? Diese Frage definiert das Nähe-Distanz-Verhältnis. Modern ist: Naturschutz, Klimaschutz, Insektenschutz. Wobei beim Letzteren unklar ist, ob da Bienenhilfe gemeint ist oder Moskitospray.
In Deutschland gibt es etwas unberührte Natur vielleicht noch in den Nationalparks. Wo die Umwelt sich selbst überlassen und nicht geordnet wird. Von dieser Natur ist das Idyll auf dem Campingplatz meist weit entfernt. Und doch gibt der Ort uns viel.
Die gemähte Wiese der Parzelle wird zur Ur-Mutter. Sie nimmt uns in ihre Arme, drückt uns an ihren Busen. Doch wehe, wenn ihr Strickpulli pikst! Dann schimpfen wir.
Emanzipiert naschen wir noch ein wenig an der letzten Krume Erde, die unseren Planeten bedeckt. Die Mutter wurde zum Freizeitpark, aber das ist gar nicht so schlimm, solange wir uns dabei wohlfühlen, erholen und sanft einschlummern.
Camping plus Naturerlebnis? Dass das geht, zeigt unser Schwestermagazin CARAVANING mit den Top 9 kleinen Naturcampingplätzen Deutschlands und stellt darüber hinaus noch 10 Campingplätze mit Ecocamping-Auszeichnung vor.