Wahre Klassiker sind immer gefragt. In diesem Punkt unterscheiden sich gebrauchte Wohnmobile nicht von großen Kunstwerken. Auch aus zweiter Hand finden beliebte gebrauchte Modelle rasch neue Liebhaber. Eine angenehme Situation für all jene, die gerade ein Gebrauchtmobil abzugeben haben.
Wer sich aber mit der ersten Frühlingssonne auf die Suche nach Gebrauchtmobilen macht, der reibt sich mitunter die Augen. Wo beim Händler kürzlich noch flächendeckend gebrauchtes weißes Blech zu sehen war, blickt man nun auf frisch geharkten Kies. Armin Gantner von Gast-Caravaning in Malsch nahe Karlsruhe: „Es gibt zurzeit einfach zu wenig Gebrauchte auf dem Markt. Wir könnten viel mehr Wohnmobile verkaufen, wenn wir welche hätten.“ Eine Situation, die auch seine Kollegen in anderen Landesteilen kennen. Woran liegt’s? Susanne Moser von Moser-Caravaning in Mainz: „Wir haben schon im Herbst viele Gebrauchte abverkauft.“
Man erkennt Nebenwirkungen der jüngsten Branchenkrise. Unter dem Eindruck überhöhter Lagerbestände setzte so mancher Betrieb alles daran, den Hof nicht unnötig mit Gebrauchtmobilen zu pflastern, die er dann teuer finanzieren muss.
Der krisenbedingt schleppende Neufahrzeughandel tat ein Übriges. Schließlich gelangen die frischen Klassiker durch Inzahlungnahmen auf den Hof. Und manchmal nicht einmal das: Die lebhafte Nachfrage bewegt derzeit so manchen Neufahrzeugkäufer dazu, sein Gebrauchtmobil gleich selbst zu vermarkten. Stefan Albrecht vom Lüneburger Freizeit-Center Albrecht nennt einen weiteren Grund: „Viele gebrauchte Wohnmobile gehen ins Ausland, nach Skandinavien, Spanien, vermehrt auch nach Russland.“
Gebrauchtmobile als Einsteigermodelle
Wer ein begehrtes Modell, wie etwa einen Campingbus, sucht, fühlt sich wie auf der Jagd nach seltenen Kunstobjekten. Armin Gantner: „Junge gebrauchte Kastenwagen bleiben nicht lange stehen. Gebrauchte Pössl-Modelle werden zurzeit über den Listenpreisen gehandelt.“
Wie bei den Neufahrzeugen gehören außerdem gebrauchte Teilintegrierte und gebrauchte Integrierte bis etwa sieben Meter Länge zu den Objekten der Begierde. Stefan Albrecht: „Gebrauchte Teilintegrierte mit Einzelbetten sind praktisch gar nicht oder nur zu hohen Preisen zu finden.“ Der Grund für die Beliebtheit der Gebrauchten ist für ihn klar: „Die spürbar gestiegenen Preise für neue Wohnmobile.“
Gebrauchte sind längst die wahren Einsteigermobile geworden. Albrecht: „Man kann bei Sunlight oder Carado auch sehr günstige Neuwagen finden, allerdings kommt da noch die typische Sonderausstattung oben drauf, die Gebrauchte schon drin haben.“ Sein Tipp: „Junge Fahrzeuge aus der Vermietung. Die sind für rund 40.000 Euro gut ausgestattet.“

Eine Preisklasse tiefer können die Neufahrzeugangebote nicht mehr mithalten. Entsprechend leergefegt ist der Markt. Marc Bergien von Rall-Caravaning im Raum Stuttgart: „Uns fehlen Gebrauchte in der Kategorie von 20.000 bis 30.000 Euro.“ Wer echte Gelegenheiten erwartet, macht besser einen großen Bogen um populäre Typen. Deutlich weniger gefragt: Gebrauchtmobile mit Grundrissen ohne große Garage. Selbst noble gebrauchte Liner können ein Fall für Schnäppchenjäger sein. Marc Bergien: „Gebrauchte Premiumfahrzeuge, die so teuer sind wie ein neues Wohnmobil, stehen meistens etwas länger. Für einen gebrauchten Clou braucht man Liebhaber.“ Aber er ist sich sicher: „Während sich der Preis halbiert hat, ist die Qualität der Gebrauchtmobile geblieben.“ Dennoch muss man auch nach günstigen Linern wie nach Unikaten suchen. Armin Gantner: „Dickschiffe werden von den meisten Händlern nur ungern in Zahlung genommen. Das bindet viel Kapital.“

Wie in einer Kunstgalerie spielt auch die Farbe eine Rolle. Aber nicht die des Fahrzeugs, sondern die der Umweltplakette des Gebrauchten. Sie bestimmt den Wert. Susanne Moser: „Bei uns suchen die Kunden gezielt nach Gebrauchtmobilen mit grüner Plakette. Alle älteren Wohnmobile sind schwer zu vermarkten.“ Andere Käufer können davon profitieren: Modelle ohne oder nur mit roter Plakette sind rapide im Preis gefallen. Manch einer, der außerhalb der Ballungszentren wohnt und ohnehin eher Auslandsziele ansteuern will, kann auf die Plakette verzichten. Für viele Basisfahrzeuge gibt es außerdem Nachrüstungsmöglichkeiten, die bislang nur selten nachgefragt werden.
Genau hinschauen müssen Gebrauchtwagenkäufer, ob die Rechnung wirklich aufgeht. Doch bei einem günstigen und gepflegten gebrauchten Wohnmobil mit roter Plakette kann sich im Einzelfall sogar ein geschlossenes Filtersystem für mehrere tausend Euro lohnen. Susanne Moser: „Bei allen Gebrauchtmobilen, die wir in Zahlung nehmen, achten wir gleich darauf, ob ein Filtereinbau möglich ist. Wir rüsten aber erst nach, wenn es ein Käufer auch wünscht.“ So oder so muss man bei alten Wohnmobilen eine erhöhte Kfz-Steuer einkalkulieren.
Wenn es allein ums Geld geht, stellt sich außerdem die Frage, ob man ein Gebrauchtmobil nicht besser von privat als bei einem Händler kauft. Im direkten Vergleich liegen die Privatmarktpreise stets unter den professionellen Angeboten. Man bekommt allerdings auch nicht die gleiche Leistung. Ein guter Handelsbetrieb wird ein in Zahlung genommenes gebrauchtes Wohnmobil gründlich unter die Lupe nehmen und offensichtliche Schäden gleich reparieren.
Darüber hinaus muss er ein Jahr lang für Mängel des Gebrauchten geradestehen. Armin Gantner: „Mit der gesetzlichen Gewährleistung haben wir und auch unsere Kunden gute Erfahrungen gemacht. Da ist alles klar geregelt.“ Das gilt auch für die sogenannte Beweislastumkehr: Nach einem halben Jahr hat der Käufer die Pflicht nachzuweisen, dass ein Mangel bereits zum Zeitpunkt des Kaufs vorhanden war. Diese Regelung lässt den Gebrauchtkäufer nicht nur ruhiger schlafen. Sie kann auch schnell ein paar tausend Euro wert sein. Selbst wenn der Händler das Wohnmobil vorher gecheckt hat.
Hinter vorgehaltener Hand kann man von manchem Werkstattmeister erfahren, dass die hundertprozentige Kontrolle der Gebrauchten oft ein frommer Wunsch bleibt.
Wenn die ersten Sonnenstrahlen locken, sind Werkstätten ohnehin mehr als ausgelastet. Kaum kommen Gebrauchte auf den Hof, finden sie gleich neue Besitzer. Für einen gründlichen Test der komplexen Wohnmobiltechnik fehlt dann oft schlicht die Zeit.
Vorsicht vor Gebrauchten aus dem Ausland
In diesem Zusammenhang vernimmt man jedoch auch, welche Kontrollen beim Wohnmobil niemals fehlen dürfen. Selbst wenn die Termine noch so knapp sind, sehen sich erfahrene Mechaniker Motor oder Getriebe von Gebrauchtmobilen genauer an. Bei Fachleuten lösen verräterische Ölspuren ebenso die Alarmglocken aus wie der Verdacht auf Feuchtigkeitsschäden am Aufbau des Gebrauchtmobils. Private Käufer sollten die gleichen Prioritäten setzen, denn beide Symptome verheißen teure Reparaturen.
Eine völlig durchnässte Bodenplatte gilt etwa als Totalschaden. Die fachgerechte Restaurierung käme einem Neuaufbau gleich. Solch hoffnungslose Fälle wandern allerdings selten auf den Schrottplatz, sondern gehen in den Export, gerne nach Holland oder Spanien. Vorsicht also, wenn von dort gebrauchte Wohnmobile zurückkommen sollten.

Für eine gründliche Dichtigkeitsinspektion braucht man eine Hebebühne sowie ein Feuchtigkeitsmessgerät. Hier stoßen Laien an ihre Grenzen. Fortgeschrittene Feuchtigkeitsschäden beim Gebrauchtmobil kann aber jeder schnell erkennen. Wenn einem beim Betreten des Wohnraums muffige und gar faulige Gerüche entgegenschlagen, heißt es Finger weg vom Gebrauchtmobil. Ebenfalls leicht festzustellen: Schimmel in den Ecken oder äußere Beschädigungen des Aufbaus.
Eine lädierte Kantenleiste kann die Holzkonstruktion in der Sandwichwand offenlegen. Auch stark verhagelte Blechdächer sind unter Umständen mehr als nur Schönheitsfehler. Selbst ein Parkrempler verdient genaues Hinsehen. Die Außenhaut des Gebrauchten darf nicht beschädigt sein. Vorsicht bei gerissenen Seiten- oder Heckschürzen: Sie sehen meist wie Verschleißteile aus, werden jedoch als Ersatzteil mitunter zur kostspieligen Rarität.
Ohnehin gehört der allgemeine Pflegezustand eines Gebrauchten zu den kaufentscheidenden Kriterien. Ein offenbar liebloser Umgang mit dem Wohnmobil sollte ebenso Skepsis hervorrufen wie ein auffällig aufpoliertes Gebrauchtmobil, das dort steht wie gemalt. Über normale Abnutzung darf man dagegen hinwegsehen. Schließlich lassen sich gebrauchte Polster und Matratzen einfach austauschen. Für die übliche Toilette gibt es von Thetford ein Fresh-up-Set mit neuer Brille und Cassette.
Ebenfalls wichtig: das richtige Basisfahrzeug
Eine Checkliste gibt Anhaltspunkte für typische Kontrollen. Über die Mängelhäufigkeit beim Basisfahrzeug informieren die Ergebnisse des aktuellen Dekra-Reports. Wie beim Pkw kann auch der Laie anhand der Papiere feststellen, ob Inspektionen und – falls erforderlich – ein teurer Zahnriemenwechsel beim Gebrauchten durchgeführt wurden, ob Reifen möglichst wenig und gleichmäßig abgenutzt sind.
Für den Kaufpreis ist ein gepflegtes und solides Basisfahrzeug oftmals entscheidender als die Ausstattung. Sogar sehr begehrte Extras wie eine Markise, der Fahrradträger oder die komplette Sat-Anlage müssen einen ungleich höheren Wertverlust hinnehmen als das Wohnmobil selbst. Pech für den Verkäufer; ein Schnäppchen für den Käufer, der ein gut ausstaffiertes Gebrauchtmobil gefunden hat.
Nur die allzu persönliche Ausstattung wie ein Gemälde an der Wand mindert wiederum den Kaufpreis des Gebrauchtmobils. Das gilt erst recht für nicht fachgerecht montiertes Zubehör.
Doch wie ermittelt man überhaupt den Wert des Gebrauchten? Händlern steht üblicherweise eine offizielle Liste von Eurotax-Schwacke zur Verfügung. In der Praxis orientieren sich aber auch die Profis an vergleichbaren Angeboten im Internet und in Zeitschriften. Die großen Gebrauchtwagenportale erleichtern auch dem Käufer den deutschlandweiten Überblick. Hat er wirklich ein einmaliges Angebot entdeckt? Sollte er sofort zugreifen oder besser weiter suchen? Der Gebrauchtmobilkauf kann ähnlich spannend wie eine Kunstauktion sein. Doch hier wie dort kommt es weniger auf das Glück an. Nur mit Sachverstand und genauer Prüfung sichert man sich einen wertvollen Klassiker der Moderne.
Kostenfaktor KFZ-Steuer
Mancher günstige Oldie bringt erhöhte Folgekosten mit sich. Bei Reisemobilen der Schadstoffklassen S0 und S1 verteuert sich die Kfz-Steuer empfindlich (siehe Tabelle). Die Schadstoffklasse ist nicht unbedingt identisch mit der Einstufung für die Umweltplakette. Wer bei alten Modellen sichergehen will, lässt sich die letzte Steuerrechnung des Vorbesitzers zeigen. An den Tarifen ändert auch ein nachgerüsteter Rußfilter nichts. Linderung verspricht nur ein Saisonkennzeichen – und das Wissen, dass alte Diesel-Pkw noch höher besteuert werden.
Mängel an der Basis: Zum ersten Mal versammelt der Dekra-Mängel-Report die Transporter in einer Kategorie. Dafür werteten die Sachverständigen rund 210 000 Hauptuntersuchungen der vergangenen beiden Jahre aus. In der Mehrzahl handelt es sich bei den Transportern um gewerblich genutzte Fahrzeuge. Der Dekra-Mangel-Index gibt aber auch für Käufer gebrauchter Reisemobile wertvolle Hinweise. Er errechnet sich, indem man vom Prozentwert der untersuchten Fahrzeuge „ohne relevante Mängel“ den Wert für „erhebliche Mängel“ abzieht.
Eine Fachmeinung zum Gebrauchtmarkt und die Entwicklung des Fiat Ducato lesen Sie auf der nächsten Seite.