Erdgasmotor, Diesel-Gas-Antrieb, zuletzt sogar ein Hybrid-Konzept - ähnlich einem Rettungsplan gegen galoppierende Dieselkosten tauchen auf Reisemobilmessen neue Sparmotoren auf. Wer zugreifen will, bemerkt jedoch schnell, dass die alternativen Antriebskonzepte ebenso wenig schnelle Hilfe bringen wie manches Sofortprogramm gegen Schuldenkrisen. Kaufen kann man diese Zukunftsideen für Wohnmobile nicht.
Anders beim La Strada Regent S mit dem LGT-Schriftzug am Heck. Er steht mit gut 60.000 Euro in der Preisliste und kommt als derzeit einziges Serienmobil ohne Diesel oder Benzin aus. Der Motor des Mercedes Sprinter verbraucht Gas, und zwar das weitverbreitete LPG . Eigentlich ein naheliegender Weg: Im Pkw hat sich das sogenannte Autogas längst zum
beliebtesten Alternativkraftstoff entwickelt. Wen wundert es angesichts verlockender Literpreise unterhalb 75 Cent.
Umstieg auf Gas
Der Umstieg auf Gas funktioniert beim Wohnmobil allerdings nicht ganz so leicht wie bei Pkw. Eine Umrüstung von Dieselmotoren? Praktisch unmöglich. Als Ausgangsbasis für den Gasantrieb dienen Benziner, die bei Freizeitfahrzeugen Seltenheitswert haben.
Nur Mercedes bietet seit Kurzem einen Autogas-Sprinter an, den 316 LGT (Liquefied Gas Technology). La Strada griff als erster Reisemobilhersteller zu. Die Campingbus-Profis sammelten bereits zwei Jahre zuvor mit einem Erdgas-Fiat viele Erfahrungen. Marco Lange, Geschäftsführer: „Die Resonanz war gut, aber das Fahrzeug erwies sich durch den Aufpreis von rund 10 000 Euro als zu teuer." Mercedes verlangt für LGT im Vergleich zum Diesel 3596 Euro mehr
Darüber hinaus nutzt La Strada einen weiteren Vorteil, der nur am Rande mit Sparbemühungen zu tun hat: Kühlschrank, Kocher und Heizung bedienen sich direkt aus dem Gastank, der lästige Flaschenwechsel entfällt. So konsequent war bislang kein Alternativantrieb. Der Regent S wird zum echten Voll-Gas-Mobil. Marco Lange: „Wir wollten bewusst eine hochwertige Lösung erreichen." Da erscheint der LGT-Sprinter als verlässliche Größe.
Der werkseitig umgebaute Mercedes setzt sich angenehm von mancher Bastelarbeit ab. Wie beim Diesel befindet sich der Tankstutzen gut erreichbar unter einer Klappe. Innen macht eine knopfgroße Anzeige mit Leuchtdioden auf den Gasmotor aufmerksam. Sie zeigt den Füllstand des Tanks und erlaubt jederzeit das Umschalten zwischen Gas- und Benzintank. Schließlich führt der LGT-Mercedes auch bis zu 100 Liter Super mit.
So funktioniert der Gas-Betrieb
Wie ein Autogas-Pkw benötigt der Sprinter eine gewisse Menge Benzin für den Start. Erst nach wenigen Minuten, wenn die Kühlwassertemperatur 45 Grad erreicht, wird automatisch auf Gas umgeschaltet. Der Fahrer nimmt das praktisch nur durch eine Kontrollleuchte wahr, die von Rot auf Grün wechselt.
Was man nach dem Motorstart aber sehr wohl bemerkt: Hier arbeitet kein Diesel. Ungewohnt helle, fast blecherne Töne dringen aus dem Motorraum. Im Zeitalter kultivierter Common-Rail-Diesel kann der Ottomotor keine Vorteile beim Lärmschutz für sich verbuchen. Auf ähnlichem Niveau liegt ebenso die Leistung von Gas- und Dieselmotor, während der LGT beim Drehmoment klar das Nachsehen hat.
Er macht seine Sache gut. Der 1,8 Liter große Gasmotor stammt aus dem Mercedes-Pkw-Programm und wird von einem Kompressor zwangsbeatmet.
Unerwartet kernig schiebt er die drei Tonnen des La Strada an. Genau wie die zuvor getestete Dieselvariante brachte der Gas-La-Strada exakt 2920 Kilogramm auf die Waage.
Weder beim flotten Ampelstart noch an langen Steigungen fühlt sich der Fahrer des 316 LGT untermotorisiert. Wenn es unbedingt sein muss, kann er sich mit Tempo 150 auch auf der linken Autobahnspur behaupten. Nur die Automatik traut dem Gasmotor offenbar wenig zu. Sie wechselt spät in den höheren Gang und lässt ihn oft unnötig bei hoher Drehzahl jubeln.
Ob ein Sechsgang-Schaltgetriebe nicht die bessere Wahl wäre? Für den Käufer stellt sich diese Frage nicht; die Automatik ist Pflichtoption. Aus Sicht von La Strada kein Problem. Lange: „Beim Regent haben wir schon immer einen sehr hohen Automatikanteil.“
Das sehr komfortabel schaltende, aber nicht mehr taufrische Fünfgang-Wandlergetriebe beeinflusst ebenfalls den Verbrauch. Auf der promobil-Testrunde konsumierte der 316 LGT gut 19 Liter Gas pro 100 Kilometer. Selbst bei betont gelassener Fahrweise ließ sich dieser Wert im gesamten Testbetrieb nicht deutlich unterbieten. Dieser Wert relativiert das Volumen des 76-Liter-Tanks. Nach rund 300 Kilometern erinnert das Blinken einer Kontrollleuchte daran, eine Zapfsäule aufzusuchen. Bei guter Planung sollte das kein Problem sein, doch die Befüllung kann Nerven kosten. Etwa wenn die einzige Gas-Säule an der Tankstelle zugeparkt ist oder erst vom Kassenpersonal aktiviert werden muss. Während der Fahrer beim Tanken fünf Minuten lang auf einen Schalter drückt, hat er viel Zeit zum Nachdenken. Etwa über die besonders saubere Verbrennung von Gas, die das Umweltgewissen beruhigt. Oder darüber, dass auch ein Rettungsplan gegen hohe Dieselpreise Nebenwirkungen hat.
Der Benzintank bleibt letztlich nur ein schwacher Trost. 100 Liter Super verlängern zwar die Reichweite auf Diesel-Niveau, denn damit kann man Verbrauchswerte um 16 Liter erzielen. Andererseits bezahlt man für diese Freiheit angesichts der aktuellen Spritkosten einen hohen Preis. La-Strada-Geschäftsführer Marco Lange kennt das Dilemma: „Ich hätte mir ein Fahrzeug mit 30-Liter-Benzintank und 160-Liter-Gastank gewünscht." Das kann Mercedes aber nicht liefern. Im Moment steht nicht einmal fest, ob das Entnahmeventil für die Bordtechnik im Gastank in der Serie umgesetzt werden kann. Lange: „Das hängt von der noch laufenden Homologation ab." Der Testwagen wurde mit einer Einzelabnahme zugelassen.
Warum sich für Gas entscheiden?
Kaufentscheidend für die Gasausführung dürften aber letztlich die Kosten sein. Anders als beim Pkw bleibt die Kfz-Steuer auch mit Ottomotor auf Dieselniveau. So hängt alles am Verbrauch. Die happigen Testwerte bringen hochfliegende Hoffnungen schnell wieder auf Talfahrt. Legt man die Spritpreise im Testzeitraum zugrunde, kann man gerade einmal 1,60 Euro pro 100 Kilometer sparen. Die Zusatzinvestition gegenüber dem Diesel wäre so erst nach 224 750 Kilometern wieder erwirtschaftet.
LPG: Europaweit zu haben
Der Begriff Autogas steht für eine Mischung aus Butan und Propan. Häufig spricht man auch von Flüssiggas oder von LPG (Liquefied Petroleum Gas). In Deutschland gibt es zurzeit rund 6200 LPG-Tankstellen. Zum Vergleich: Das gesamte Tankstellennetz in Deutschland besteht aus knapp 15 000 Sta-tionen. Flächendeckende Autogasnetze finden Reisemobilurlauber außerdem in Großbritannien und Irland, in den Niederlanden, in Belgien, Polen, Frankreich, Tschechien und der Slowakei sowie in Kroatien und Italien. Zumindest eine Autogas-Grundversorgung bieten Österreich, Schweiz, Slowenien, Portugal und Spanien. In einigen Ländern ist zum Befüllen des Gastanks ein spezieller Adapter erforderlich.
La Strada Regent: Innenleben
La Strada bietet den Mercedes Sprinter LGT mit zwei Grundrissen an: Im Regent S erinnert die Einrichtung an typische Ausbauten des Fiat Ducato. Die Liegefläche befindet sich quer im Heck; durch eine seitliche Ausbuchtung entsteht die dafür nötige Karosseriebreite. Im Regent L schläft man unter einem Hochdach. So bleibt das Heck frei für ein Bad mit Duschkabine. Kostet der Regent S LGT (inklusive Automatik) ab 63.124 Euro, so steht die gleich lange L-Ausführung mit 69.667 Euro in der Liste.