Test
LMC Liberty 6500 I

Die reizvolle Erscheinung des LMC Liberty 6500 I provoziert neugierige Blicke. Sein Motto: sehen und gesehen werden.

LMC Liberty 6500 I

Hopp oder topp? Designerkleidung polarisiert: Man mag sie – oder man mag sie eben nicht. Eine auffällige Verpackung ist genau das Richtige für Leute, die den Pelz nach außen tragen, den großen Auftritt schätzen. Sehen und gesehen werden – so heißt auch das Motto für die Besitzer des sehr extravagant gestalteten Integrierten von LMC. Nach der aufwendig geformten GfK-Front, die den Mercedes- Stern wie eine Brillantenbrosche zur Schau trägt, drehen sich die Köpfe der Passanten. Elegant gelang auch die Anbindung der Seitenwände aus Aluminium-Sandwich, die oben, in zwei stumpfen Winkeln umgekantet, über eine schräge Fläche in die Dachplatte übergehen. Nach unten schließen schwungvolle Schürzen aus PUSchaum und am Heck ein GfKFormteil ab. Die Aufbautür mit integrierter Scheibe ist ebenso bündig in die Kabine eingesetzt wie die Rahmenfenster. Letztere öffnen und schließen schick per Einhandbedienung. Die vorgehängten Rollos sind indes weniger standesgemäß. Zum Oberklasse-Anspruch will auch nicht so recht passen, dass unter der reizvollen Hülle ein traditionelles Holzgerippe mit Styropor- Ausfachungen steckt. Im Gegensatz zum äußeren Auftritt steht der Innenraum mit klassischer Gemütlichkeit. Aus der gurtbewehrten Querbank, dem erweiterbaren Tisch und den drehbaren Cockpitsesseln wird eine komfortable Runde. Besonderes Lob verdienen die praktischen Dreh-Hubkonsolen der Aguti-Fahrerhaussitze. Kurz ist der Weg zur Küche schräg gegenüber. Arbeitsfläche und Stauraum für Kochgeräte und Konserven sind reichlich vorhanden.

Zwei Korbauszüge und zwei Zwischenböden gliedern die Unterschränke. Hilfreiche Accessoires wie Gewürzbord oder Dunstabzug fehlen jedoch. Ins Bad führt eine breite Schiebetür – im Prinzip eine feine Sache, aber die Mechanik bedürfte einer Überarbeitung, denn die Führungsriegel unten lockerten sich im Testbetrieb und sprangen aus der Schiene. Die Befestigungsschrauben der Arretierung rissen aus. Das Badezimmer ist mit ordentlich verarbeiteten Kunststoffmöbeln und reichlich Spiegelfläche ausstaffiert, wird in der Anmutung dem gehobenen Anspruch aber kaum gerecht. Ellenbogenfreiheit gibt es vor dem Waschtisch reichlich, auch in der Duschkabine bleibt genug Bewegungsraum. Die Bodenwanne ist flach und hat nur einen Ablauf. Der Wasserschutz wirkt gestückelt. Geschlafen wird bevorzugt im Heck auf Lattenrost und Federkernmatratze. Eine kleine Treppe führt zu der bequemen Schlafstatt. Das Hubbett vorn stellt eine zweite Doppelliege zur Verfügung, die in der Ausstattung aber etwas zurückbleibt. Die Liegemaße gehen zwar in Ordnung, statt aufwendigem Federkern gibt es Schaumstoff, statt einem Lattenrost nur eine Unterlüftung. Eine Aufstiegshilfe fehlt. Überwiegend positiv: das Kapitel Stauraum. Die geräumige Heckgarage ist mit Aluminium- Riffelblech ausgelegt und durch zwei große Seitentüren zugänglich. Beleuchtung ist vorhanden, ein Verzurrsystem aber nicht. Zwei weitere Außenstauräume für Kabeltrommel und Auffahrkeile verbergen sich hinter den seitlichen Schürzen, sind aber etwas mühsam zu beladen. Im Aufbau gibt es in Hänge-, Kleider- und Wäscheschränken reichlich Platz.

So lässt sich verschmerzen, dass die Sitztruhe durch Batterie und Ladegerät verbaut ist. Einladen darf der LMC-Pilot auch mit Blick auf die Lastsituation. Das 4,6-Tonnen-Chassis ist Serienstand, und die Konstrukteure haben durch geschickte Lastverteilung vorn wie hinten praxisgerechte Reserven vorgesehen. Diese Gewichtssituation macht sich auch beim Fahren bemerkbar. Der Testwagen überzeugte durch einen ausgewogenen Kompromiss zwischen komfortabler Federung und straffer Straßenlage. Der 156-PS-Motor und der Sprint-Shift-Schaltautomat, beide aufpreispflichtig, arbeiteten auch bei zügiger Gangart gut zusammen. Nur die Lenkung wirkt gefühllos und indirekt. Unterstützt wird der Fahrer durch serienmäßige Details wie elektrische Spiegelverstellung und eine Fahrertür mit elektrischem Fensterheber. Nervtötend sind die vier verschiedenen Schlüssel am Bund. Versöhnlich stimmt da die Funkfernbedienung für Trittstufe, Innen- und Außenbeleuchtung. Die Armaturenbrettverkleidung ist eine Art Aushängeschild bei Integrierten und zeigt oft exemplarisch, mit welcher Konsequenz ein Fahrzeug konstruiert wurde. Beim LMC zeichnet sich das graue Formteil durch eine kaschierte, feingenarbte Oberfläche aus, ganz nach dem Vorbild des Mercedes. Abstehende Befestigungspunkte und wie von Hand geschnitzte Ränder trüben den positiven Eindruck im Detail. So zeigt der Liberty I insgesamt gute Ansätze, die aber mangels Feinschliff nicht voll zur Geltung kommen. Das passt schlecht in die Oberklasse, wo er sich laut Anspruch und Preis (84 000 Euro) einordnen will. So ist sie eben, die Designerkleidung: schön, aber manchmal auch mit kleinen Webfehlern.

Technische Daten (Stand: April 2002) Hersteller: LMC Modell: Liberty 6500 I Basisfahrzeug: Fiat Ducato Maxi Typ: Integrierter Preis: ab 72250 EUR Sitze mit Gurt: 4 Schlafplätze: 4 Zul. Gesamtgewicht: 4000 kg Länge: 6570 mm Breite: 2250 mm Höhe: 2870 mm Basismotor: Diesel KW: 94 PS: 127