Karmann Colorado im Gebrauchtcheck
Alkoven auf VW T4

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Schon immer war der Colorado anders als andere Alkoven: Der formschöne und dabei kompakte Aufbau hebt ihn ebenso aus der Masse wie das VW-Fahrgestell. Wie gut sind die Modelle auf VW T4?

Karmann Colorado
Foto: Ulrich Kohstall, Archiv

Fast alle Reisemobilhersteller haben mit Caravans angefangen. Bei Karmann war das anders. Als Karosseriespezialist zählte das Unternehmen zur Autoindustrie, bevor das erste Wohnmobil in den 60er Jahren entstand. Die Nähe zum Autobau wird offensichtlich, als der Karmann Colorado 1996 erscheint. Er hat keinen klassischen Aufbau, sondern eine richtige Karosserie: Alkoven, Dach und Heck bestehen aus Kunststoffteilen und erlauben eine flüssige Formgebung. Als Basis dient nicht der übliche Fiat Ducato, sondern ein VW T4, also der Transporter, der damals Pkw am nächsten kommt. Bis zum Ende des T4 im Jahr 2003 bleibt die erste Generation des Colorado fast unverändert – doch hinter den Kulissen tut sich was. Im Jahr 2000 trennt sich Karmann von der Mobil-Sparte; Eura Mobil übernimmt und verlagert 2002 die Produktion vom westfälischen Rheine ins rheinhessische Sprendlingen.

  • Baureihe: Karmann Colorado (Baujahre 1996 bis 2003)
  • Basisfahrzeug: VW T4, Leiterrahmen
  • Bauweise: Alkovenaufbau mit Alu- oder GfK-Außenhaut sowie GfK-Formteilen, EPS-Isolierung
  • Sitz-/Schlafplätze: 2–6/4
Gebrauchte Wohnmobile
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pro 07/2016
Gebraucht-Check Karmann Colorado
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  • Vorgestelltes Modell: Karmann Colorado S
  • Erstzulassung: 3/2000
  • Kilometerstand laut Tacho: 101.500
  • Preis: 22.400 Euro
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 3.300 kg
  • Gesehen bei: My Caravan, 71120 Grafenau

Auf- und Ausbau

Der Umzug der kompletten Fertigung ist es auch, der ein pauschales Urteil über die Colorado-Qualität erschwert. Einerseits verwendete Karmann immer vergleichsweise hochwertige Materialien, andererseits kommt es nach der Verlagerung zu Ausrutschern in der Verarbeitung.

Bei einigen jüngeren Modellen löst sich beispielsweise die GfK-Außenhaut der Sandwichwände vom Isoliermaterial und bildet Beulen. Grundsätzlich sollten Colorado-Käufer auch das Dach unter die Lupe nehmen, das wie alle GfK-Teile rissig sein kann. Undichtigkeiten bemängeln die von promobil befragten Colorado-Besitzer vor allem an anderer Stelle. Neuralgische Punkte sind die Nahtstellen an der Heckwand sowie an der Alkovenschale. Hier gilt es die Leuchten im Auge zu behalten. Mitunter sind die vorderen Begrenzungsleuchten und das dritte Bremslicht am Heck für Wassereintritt verantwortlich. Wie bei anderen Reisemobilen dieses Alters halten auch die Fenster und das Hebekippdach nicht immer dicht.

Colorado-typisch erscheint hingegen die Korrosion an der integrierten Einstiegsstufe. Manche Besitzer mussten den Trittstufenrahmen schon zweimal austauschen. Auch die Tür nervt schon einmal durch Schwergängigkeit, ein hakeliges Schloss und Alufraß. Unabhängig vom Zustand müssen sich Colorado-Fahrer daran gewöhnen, dass die Pforte zwar breit, aber nicht besonders hoch ausfällt.

Kritik der Besitzer am Ausbau bezieht sich meist auf das unkomfortable Alkovenbett, das einige nur als Stauraum nutzen. Die Qualität des Innenlebens bekommt durchweg gute Noten. Ein Schwachpunkt ist bei einigen Hecksitzgruppen die Tischbefestigung. Nicht ganz so positiv sieht die Bilanz der Bordtechnik aus. Die Wasseranlage taucht weit oben in der Mängelliste auf. Sie nervt etwa mit defekten Verteilern, Schlauchschellen und Abwasserschiebern. Wenn es um Probleme mit der Elektrik geht, sind meist leicht behebbare, aber lästige Wackelkontakte schuld.

Was keinen Einfluss darauf hat, dass über 90 Prozent der befragten Besitzer wieder das gleiche Modell kaufen würden. Hier wird der Wohlfühlfaktor durch die Hecksitzgruppe der H-Modelle ebenso gelobt wie die sechs Sitzplätze der S-Varianten – beides findet man bei so kompakten Außenabmessungen nur selten. Hauptkritik am Konzept ist der knappe Stauraum.

Basisfahrzeug

Die Stauraumkapazität des Colorado lässt sich etwa durch eine Dachbox erweitern, nicht jedoch die ebenfalls knapp bemessene Zuladung. Schließlich wurde der VW T4 weniger als unbeugsamer Lastenträger denn als bequeme Großraumlimousine entwickelt.
Mit einem Alkoven stößt der T4 an seine Obergrenze. Sichtbar ist das bei vielen gut ausgestatteten Exemplaren durch ein schon im Leerzustand herabhängendes Heck. Spürbar wird das auch durch vorzeitigen Verschleiß von Stoßdämpfern und manchmal auch Federn. Das gilt auch für das optionale Automatikgetriebe. Häufiger als sonst beim T4 mit TDI-Motor üblich beklagen Colorado-Besitzer defekte Turbolader. Nicht selten musste zudem der Abgaskatalysator ersetzt werden. Hinzu kommen bei älteren Modellen typische Rostschäden am Fahrerhaus. In der Mängelbilanz steht das Basisfahrzeug deshalb nicht glänzend da.

Andererseits zählt der VW T4 gleichzeitig zu den starken Argumenten für einen gebrauchten Colorado. Gerade seine konstruktive Nähe zu Pkw führt zu einem Fahrerlebnis, das gängige Reisemobilfahrgestelle dieser Baujahre nicht bieten können. Besitzer schwärmen vom Federungskomfort, der guten Geräuschdämmung und der Wendigkeit. Auch die verwendeten Materialien im Innern sind unter damaligen Basisfahrzeugen eine Klasse für sich. Da nimmt man es in Kauf, dass das Fahrerhaus schmaler und flacher ausfällt, was besonders am beengten Durchgang zum Wohnraum nicht zu übersehen ist.

Marktlage

Obwohl eigentlich ein echter Exot unter den Reisemobilen, erreichte der Karmann Colorado auf Basis des VW T4 beachtliche Stückzahlen und ist dementsprechend häufig als Gebrauchter zu finden. Das liegt nicht zuletzt an der langen Bauzeit von sieben Jahren, aber auch am damaligen Vertrieb über VW: Mitarbeiter des Autoherstellers konnten den Colorado zu günstigen Konditionen erwerben.

Heute bewegen sich die Preise für gebrauchte Colorado um die 20.000-Euro-Marke. Deutlich darüber liegen vor allem die kurz vor dem T4/T5-Modellwechsel gebauten Edition-Modelle, die durch ihre gehobene Serienausstattung und ein geringfügig geändertes Außen- und Innendekor auffallen. Den größeren Teil des Angebots macht der Colorado H aus, das Modell mit großer Hecksitzgruppe. Etwas seltener ist das S-Modell mit Viererdinette zu finden, das auf diesen Seiten zu sehen ist. Der Colorado S war schließlich nur vier Jahre lang im Angebot.

Darauf müssen Sie achten!

Trittstufe: Oft korrodiert der integrierte Einstieg des Colorado. In der Vergangenheit wurden verrottete Stufen häufig mit Ersatzteilen repariert, die ebenfalls nicht rostfrei sind – der Klassiker unter den Colorado-Schäden.

Aufbau: Die schicke Schale altert manchmal sichtbar. Besonders unschön sind Ablösungen der GfK-Außenhaut. Es kommt außerdem zu starken Farbunterschieden von Türen, Klappen und Wänden. Dekorfolien werden matt und rissig.

Alkovenbett: Die Liegefläche hat im elegant abgerundeten Fahrerhausüberbau nicht viel Platz. Nach modernen Maßstäben fehlt es hier an Länge, Kopffreiheit und einer bequemen Matratze.

Fahrerhaus: Der Rostschutz des T4 hat Lücken. Bei der Fahrzeugbesichtigung sollte man besonders auf Korrosion an den Radläufen, am Rahmen der Windschutzscheibe sowie am Tankdeckel achten.

Automatik: Viele Karmann-Käufer wählten seinerzeit die sehr komfortabel arbeitende Wandlerautomatik. Offenbar war sie aber nie für hohe Belastungen ausgelegt, denn im Colorado streikt das Getriebe oft schon nach 80.000 Kilometern.

Fahrwerk: Der schmächtige VW T4 hat es nicht ganz leicht mit einem Alkovenaufbau. Die nicht üppige Zuladung wird in der Praxis oft überschritten. Verstärkter Verschleiß von Stoßdämpfern und gebrochene Schraubenfedern an der Hinterachse können die Folge sein.

Nur zwei Grundrisse

Trotz der langen Bauzeit des Colorado experimentierte man bei Karmann kaum mit Grundrissvarianten. Zum Produktionsstart im Jahr 1996 steht der Alkoven ausschließlich mit Hecksitzgruppe zur Verfügung. Erst zwei Jahre später kommt der Colorado S mit seitlicher Dinette als Alternative hinzu, der 2002 wieder aus dem Angebot verschwindet. Ob der Colorado H oder S die bessere Wahl ist, hängt vor allem von der Anzahl der Mitreisenden ab. Für Passagiere sind die mit Beckengurten versehenen Plätze auf der Hecksitzgruppe des H-Modells nach heutigen Sicherheitsmaßstäben nicht mehr geeignet. Dennoch halten die Karmann-Fans dem großen Sofa im Heck bis zuletzt die Treue. Karmann legt kurz vor dem Produktionsende des VW T4 noch einmal eine Sonderserie des Colorado H auf: Als Edition wird er rundum aufgehübscht und bekommt eine Komplettausstattung ab Werk.