Nanu, schon wieder ein neuer Daily? Der Iveco wurde doch vor nicht einmal zwei Jahren als komplett erneuerte dritte Generation vorgestellt. Hintergrund für die aktuellen Änderungen ist vor allem die Gesetzgebung. Ab September 2016 müssen auch leichte Nutzfahrzeuge die strengere Euro-6-Abgasnorm erfüllen. Das erfordert eine Überarbeitung der Motoren. Diese Gelegenheit nutzte man bei Iveco gleich für zusätzliche Feinarbeit am eigentlich noch frischen Daily.
Der Motor im neuen Iveco Daily
Zunächst zu den Motoren, die im Zentrum der Weiterentwicklung stehen. Es bleibt prinzipiell bei den bekannten Vierzylindern mit 2,3 und 3,0 Liter Hubraum. Sie entstehen beim Spezialisten für Nutzfahrzeugmotoren FPT, einem Teil des Iveco-Mutterkonzerns CNH Industrial, der auch die Aggregate für den Fiat Ducato liefert.
Um die Motoren auf Euro-6-Niveau zu bringen, fährt Iveco zweigleisig: Der 3,0-Liter-Turbodiesel bekommt die sogenannte SCR-Technik. Hinter dem Begriff Selective Catalytic Reduction, die bei den Lkw aus gleichem Hause schon länger verwendet wird, verbirgt sich eine aufwendige Abgasnachbehandlung, die den Zusatz der Harnstofflösung Adblue verlangt. Eigens dafür hat der Daily mit dem großen Motor einen separaten 25-Liter-Behälter an Bord. Zwangsläufig erhöht sich durch die kostspielige SCR-Technik also das Eigengewicht.
Nicht zuletzt deshalb ging man beim 2,3-Liter-Motor einen anderen Weg. Speziell dafür entwickelten die Italiener eine zusätzliche zweite Abgasrückführung, Niederdruck-AGR genannt. Die Abgase werden nach dem Partikelfilter entnommen, zunächst gekühlt und im Motor noch einmal nachverbrannt. Auch mit dieser Technik lassen sich die Schadstoffe, darunter die viel diskutierten Stickoxide, so weit reduzieren, dass die Euro-6- Norm eingehalten wird. Dieses System wird ab Herbst auch im Fiat Ducato eingesetzt.
Die Motorenentwickler betrachten die Niederdruck-AGR-Technik als einen praxisgerechten Zwischenschritt. Spätestens wenn auch bei Transportern RDE-Tests (Real Driving Emissions) notwendig werden, also der tatsächliche Schadstoffausstoß auf der Straße und nicht auf dem Prüfstand zählt, kommt man auch beim 2,3-Liter-Motor nicht an der aufwendigeren SCR-Technik vorbei.
So fährt sich der neue Iveco Daily
Genug der Theorie. Wie verhalten sich die neuen Euro-6-Motoren in der Praxis? Beim Fahren wird schnell klar, dass sich der Charakter der beiden Iveco-Motoren nicht geändert hat. Das ist erfreulich, denn wie gewohnt gefallen beide Aggregate mit gutem Anfahrdrehmoment und gleichmäßiger Kraftentfaltung. Iveco hat die Leistungsstufen teils noch einmal gesteigert: Den 2,3-Liter gibt es mit 116, 136 oder 156 PS, den 3,0-Liter mit 150, 180 oder 210 PS. Während das Drehmoment des kleineren Motors nun 380 Nm beträgt, sind es bei der Top-Version weiterhin 470 Nm.
Ebenfalls ein Fortschritt: Bis auf den vernachlässigbaren 3,0-Liter mit 150 PS lassen sich alle Motoren mit der 2015 eingeführten Achtgang-Automatik kombinieren. Das Hi-Matic genannte Getriebe wechselt die Gänge ebenso sanft wie sinnvoll und macht Daily-Fahren zu einem echten Genuss. Ab sofort weisen Chromleisten am dezent geänderten Kühlergrill die Hi-Matic-Modelle aus.
Am Fahrerplatz stehen für den gelifteten Daily neue Sonderausstattungen wie etwa ein Lederlenkrad zur Verfügung. Die Besatzung kann nun auf einem eigenen Tablet-PC zusätzliche Infos über Fahrweise und Verbrauch abrufen.
Andere wohl wichtigere Änderungen sieht man nicht: Der 2,3-Liter wurde durch die Überarbeitung 14 Kilogramm leichter. Überdies verspricht Iveco für beide Motoren einen gesenkten Verbrauch und längere Wartungsintervalle.
Neue Euro-6-Norm bei Wohnmobil-Basisfahrzeugen
Die Verschärfung der EU-Abgasnormen bringt in diesem Jahr ein neues Motorenangebot bei vielen Basisfahrzeugen für Reisemobile mit sich.
- Eine der wenigen Ausnahmen: der Mercedes Sprinter. Seit dem Facelift vor drei Jahren sind für den Sprinter Euro-6-Motoren mit SCR-Technik im Angebot.
- Fiat zieht zum Reisemobil-Modelljahr 2017 nach und rüstet den 2,3-Liter-Motor des Ducato mit Niederdruck-AGR-Technik aus. Er steht künftig auch mit 180 PS zur Verfügung und ersetzt damit den 3,0-Liter-Motor. Weil für alle Pkw-Versionen strengere Vorgaben gelten, hat Fiat für den Ducato jedoch zusätzlich eine Motorvariante mit der aufwendigeren SCR-Technik entwickelt.
- Bei den Schwestermodellen aus dem Hause Citroën und Peugeot ist die Euro-6-Einführung Anlass für einen Antriebswechsel. Die Franzosen lassen einen eigenen Blue-HDI-Motor in Jumper und Boxer einbauen. Das 2,0-Liter-Aggregat wird mit SCR gereinigt und hat 110, 130 oder 160 PS.
- Auch Ford nutzt die vorgeschriebenen Änderungen für einen großen Schritt. Der Transit bekommt eine neue Motorengeneration, die sich auf 2,0 Liter Hubraum beschränkt und mit 105, 130 oder 170 PS geliefert werden kann. Unabhängig davon gibt es immer eine SCR-Abgasreinigung.
- Die gleiche Technik verwendet auch Renault für die Euro-6-Generation des Master. Hier steht weiterhin ein 2,3-Liter-Turbodiesel zur Verfügung. Die Biturbo-Variante hat 145 oder 170 PS.
Ab 1. Oktober 2016 müssen alle neu zugelassenen Reisemobile mit Euro-6-Motoren ausgerüstet sein. Wer in diesem Jahr noch ein Euro-5-Modell bestellt, wird mit diesem Termin wohl nicht in Konflikt geraten. Basisfahrzeughersteller können dafür Ausnahmeregelungen beantragen. Mit einer solchen Genehmigung dürfen Reisemobile mit Euro-5-Einstufung noch 18 weitere Monate neu in den Verkehr gebracht werden. Erst ab 1. April 2018 sind sie nicht mehr zulassungsfähig.