Test
Fiat Ducato

Der neue Fiat Ducato ist da. promobil hat den Renner unter den Basisfahrzeugen mit allen drei Dieselmotoren gefahren.

Fiat Ducato

Die Startposition blieb bis kurz vor Redaktionsschluss offen. Wo würde zuerst ein Reisemobil mit neuem Fiat-Ducato-Fahrgestell aus den Werkshallen rollen? Mit welchem Aufbau könnte das Basisfahrzeug Nummer eins die versprochenen Fortschritte (siehe promobil 2/2002) bei einer ersten Tour unter Beweis stellen? Ein Camp Swing 524 bringt Hymer schließlich auf die Pole-Position. Noch inmitten von unveränderten Modellen verlässt der Sechs-Meter-Alkoven mit neuem Gesicht das Band. Unter der geänderten Haube: der 2,8-JTD-Motor.
Nur wenige Stunden später heizt auch Bürstner in Kehl das Premierenfieber an: Hier entsteht das erste Reisemobil auf neuem Ducato mit 2,0-JTD-Motor, ein flacher Teilintegrierter. Zu diesem Zeitpunkt stehen die gerade aus Italien angelieferten Ducato mit dem komplett neu entwickelten 2,3 JTD noch ohne Auf- oder Ausbau da.
Auf dem Hymer-Werksgelände ist der erste Camp der Generation 2002 das Gesicht in der Menge. Für sich betrachtet gibt er sich wenig extrovertiert – und das nicht nur wegen der betont schlicht geratenen Frontpartie. Der Verzicht auf Blechänderungen an Fahrerhausdach und -rückwand verlangt an gängigen Reisemobilaufbauten keinerlei Änderungen.
Wer den Fiat Ducato 2002 als Star der Frühjahrsmessen sucht, muss ihm in die Augen schauen. Von schräg hinten gesehen bleibt alles wie gehabt. Integrierte verbergen das Geburtsdatum ihrer Basis erst recht, denn ihre Frontmasken werden nicht verändert. Dem Modellwechsel im laufenden Modelljahr begegnen die Hersteller zunächst lediglich mit unvermeidlichen Anpassungen ans neue Armaturenbrett.
Die eigentlich spannende Frage beim ersten Kontakt: Was bringen die Fiat-Neuerungen für den Fahrer? Hinter der Tür, die sich nun dank Bügelgriff leichter öffnen lässt, steckt eine ganze Fülle von Überraschungen. Dabei sind auch weniger gelungene Begleiterscheinungen nicht zu übersehen: Weil nun Rohrgestelle statt Kästen die Sitze tragen, fällt der Blick beim Einstieg ins fertig aufgebaute Reisemobil auf Bordbatterie, Ladegerät und eine Fülle von Kabeln.
Auf Anhieb einen guten Eindruck machen die Sitze selbst. Zur straffen Polsterung und zur spürbar besseren Seitenführung kommen eine einstellbare Lordosestütze und die ebenfalls verstellbare Armlehne auf der Innenseite. Vor dem ersten Schlüsseldreh sollte man sich außerdem die Zeit nehmen, die neuen Möglichkeiten zu entdecken: Zwei handliche Hebel auf der linken Seite senken den Sitz nach Bedarf im vorderen und hinteren Bereich.

Anschließend empfiehlt sich der Griff unten ans Armaturenbrett, um eine Arretierung zu lösen und das Lenkrad in eine steilere Position zu bringen. Hier wie dort könnte der Verstellbereich größer sein, aber er hilft dem Fahrer doch, die bisherige Kutschbockhaltung in Richtung Pkw-Gefühl zu verlassen. Parallelen zu modernen Pkw-Modellen finden sich erst recht am neuen Armaturenbrett. Anders als die Euro-Einführung verlangt der Ducato- Wechsel keine Zeit der Gewöhnung. Schalter, Hebel, Instrumente – alles passt auf Anhieb. Schranke hoch zur ersten Tour. Noch keine zehn Kilometer hat der Hymercamp Swing auf dem nun digital anzeigenden Zähler. Gleich hinter dem Werkstor machen Schlaglöcher auf Fahrwerksverbesserungen aufmerksam: Zumindest routinierte Ducato-Fahrer bemerken, dass speziell die Vorderachse harmonischer einfedert und weniger Poltergeräusche an die Karosserie überträgt. Die Strecke kreuz und quer durchs Allgäu, auch über Landstraßen dritter Ordnung, bestätigt den Eindruck. Der Federungskomfort hat durch zusätzliche Versteifungen des Chassis und eine leicht geänderte Abstimmung gewonnen. Der Fahrspaß mit dem Italiener hat nicht gelitten. Besonders im relativ leichten Camp Swing gefällt die Kombination aus straffem Fahrwerk, direkter Lenkung, knackiger Schaltung und dem kräftig zupackenden 127-PS-Motor. Allein das Beschleunigen bei Drehzahlen unter 1500/min quittierte das gefahrene Exemplar mit ungebührlichen Brummtönen. Die Geräuschkulisse insgesamt wurde angenehmer – wieder einmal, muss man hinzufügen, denn Fiat hat am Ducato seit 1994 in diesem viel kritisierten Punkt mehrfach nachgearbeitet. Im Vergleich zum Ducato-Jahrgang 2001 fallen ein etwas dumpferer Motorklang und besser gedämmte Fahrgeräusche von den Vorderrädern auf. Zwischen dem Neuen und dem 1994er Ur-Modell liegen fast schon Welten. Bei Landstraßentempo können sich Fahrer und Dinette-Passagiere in akzeptabler Lautstärke verständigen. Um so auffälliger klappern nun auf schlechten Wegstrecken hüpfende Teller im Küchenblock, und eventuelles Knistern der Möbel wird nicht mehr übertönt. Lob an Hymer: Der gefahrene Swing war im zweiten Punkt untadelig. Eine andere Quelle für Nebengeräusche zeigt der Abstecher auf die Autobahn: Das ab 110 km/h anschwellende Pfeifen am oberen Rand der Fahrerhaustüren macht deutlich, dass die optimale Einstellung der großen Ducato-Türen auch im Modelljahr 2002 ein Problem bleibt. Störende Zugluft im unteren Türbereich scheint dagegen kein Thema mehr zu sein. Im Fußraum verteilt sich die Heizungswärme bei Außentemperaturen um null Grad ausreichend schnell und gleichmäßig. Bleibt der Aufbau unbeheizt, schließt man besser den Vorhang hinter den Sitzen. Das unfreundliche Wetter während der Testfahrt lehrt auch andere Veränderungen zu schätzen. Aus den jetzt auffällig auf der Motorhaube angebrachten Spritzdüsen kommt bei Bedarf ein sechsstrahliges Vollwaschprogramm für die Frontscheibe; als Befehl für einmalige Wischerbetätigung genügt nun ein leichtes Antippen des Hebels. Die erste Tour mit einem neuen Ducato macht in jedem Fall Appetit auf mehr.

Die Fortsetzung folgt einen Tag später bei Bürstner in Kehl: Hinter dem Werkstor steht ein T 595 am Start, der erste neue Fiat Ducato mit dem gerade eingeführten 2,0-JTD-Motor und Plattformrahmen. Genügen 84 PS für den flachen Teilintegrierten? Angesichts dieses Leistungswertes, der heute schon von manchem Kleinwagen erreicht wird, ist beim Fahren die Verblüffung groß. Vom Start weg geht es im Bürstner T 595 munter voran. Weder beim häufigen Wiederbeschleunigen in der Stadt noch auf Landstraßen fühlt man sich untermotorisiert. Ein maximales Drehmoment von knapp 200 Nm ist hier der Garant für brauchbaren Durchzug. Mit diesem Wert – aber auch subjektiv – liegt der 2,0 JTD viel näher bei den frühen 2,5-Liter-Turbomotoren des Ducato als beim phlegmatischen 85-PS-Saugdiesel. Bei der Beurteilung muss allerdings berücksichtigt werden, dass der serienmäßige Bürstner T 595 zu den leichteren Mobilen zählt und keinen Alkoven durch den Wind schieben muss. Auf der Autobahn geraten Überholvorgänge dennoch zu einer zähen Angelegenheit, die man im Sinne einer stressfreien Reise besser nicht allzu oft wiederholt. So lässt sich der im Vergleich zum 2,8 JTD kultiviertere Lauf des kleinen Motors besser genießen. Der mit Radio versehene Bürstner erlaubt noch eine weitere Erfahrung: Nachdem die Lautsprecher im Ducato nun nach oben gerichtet sind, statt die Füße zu beschallen, kann man wesentlich genussvoller Musik hören. Den satten Abrollkomfort des Hymercamp Swing 524 kann der T 595 jedoch nicht bieten – obwohl es sich in beiden Fällen um einen Ducato 15 handelt. Bedingt durch den kurzen Hecküberhang des Bürstner, rollt die kaum belastete Hinterachse wenig geschmeidig über Unebenheiten. Ducato ist eben nicht gleich Ducato. Art und Ausführung des Aufbaus bestimmen Fahrverhalten und Komfort maßgeblich mit. Gestiegen ist zudem die Variantenvielfalt des Fiat Ducato selbst. Der 2,3 JTD als dritter Turbodiesel im Bunde vergrößert die Auswahl ebenso wie die gewachsene Palette an Sonderausstattungen. Nicht nur in der Startphase sind aber Lieferverzögerungen möglich, wenn der Kunde bei der Fahrgestellausstattung individuelle Wünsche äußert. Viele Fiat-Extras werden bei Reisemobilherstellern gar nicht erst in der Preisliste auftauchen, sondern nur auf Sonderwunsch zu haben sein. Die Mehrpreise für das neue Fahrgestell sind indessen schon kalkuliert. Unter den drei Turbodieselmotoren gibt es auch bei den Kosten eine klare Hierarchie: Geht man von den gefahrenen Modellen aus, beginnt die Palette in beiden Fällen beim 2,0 JTD. Rund 1200 Euro mehr kostet der brandneue 2,3 JTD mit 110 PS. Gegen weitere 1000 Euro Zuzahlung bekommt man den 2,8-Liter- Motor. In diesem Frühjahr wird es zusätzlich die Wahlmöglichkeit zwischen altem und neuem Fiat-Chassis geben. Dazwischen liegen bei Hymer und Bürstner rund 600 Euro. Die ersten Fahreindrücke zeigen, dass der neue Ducato den Mehrpreis wert ist. Komfort, Bedienbarkeit und Ausstattung haben klar gewonnen. Da stört es dann auch nicht, dass sich nach dem neuen Star außerhalb von Herstellerhöfen und Messen kaum jemand umdreht.

Technische Daten (Stand: März 2002) Hersteller: Fiat Automobil AG Modell: Ducato Basisfahrzeug: - Typ: Alkoven Preis: ab 25428 EUR Sitze mit Gurt: 4 Schlafplätze: 2 Zul. Gesamtgewicht: 3000 kg Basismotor: Diesel KW: 81 PS: 110

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