Dethleffs Esprit I 6870
Frauenmobil

Erster Test mit dem Dethleffs Esprit I 6870 – dem Endprodukt des spektakulären Frauenmobil-Projekts.

Frauenmobil

Eigentlich kommt er ziemlich machomäßig daher. Mit breitem Stiernacken statt schlanker Wespentaille – das soll das Frauenmobil sein? Vorsicht, Männer! Nicht wie Mann sich ein Frauenmobil vorstellt, sondern wie Frau es sich wünscht – darum geht es.

Technische Daten (Stand: Mai 2007) Hersteller: Dethleffs Modell: Dethleffs Esprit I 6870 Basisfahrzeug: Fiat Ducato Maxi 160 Multijet Typ: Integrierter Preis: ab 70128 EUR Sitze mit Gurt: 4 Schlafplätze: 4 Zul. Gesamtgewicht: 4250 kg Länge: 7326 mm Breite: 2300 mm Höhe: 2920 mm Basismotor: Turbodiesel KW: 115 PS: 157

Da sind in automobile Formen gegossene, sekundäre männliche Geschlechtsmerkmale vielleicht willkommen. Ob der Esprit I 6870 so zum Frauenschwarm wird, lesen Sie im Supercheck.

Aufbau

Frauen sagt man gemeinhin wenig Sinn für Technik nach. Vorurteil oder nicht – dass der Wunschausbau eine solide Hülle braucht, ist jedermann und -frau einsichtig. Und da hat der Esprit mehr zu bieten, als mancher Kenner vielleicht zunächst vermuten würde. Denn die Top­Integrierten von Dethleffs unterscheiden sich von ihren kleinen, optisch zum Verwechseln ähnlichen Brüdern Advantage I und Globebus I nicht nur durch großzügigere Abmessungen und eine komfortablere Ausstattung, sondern auch durch einen hochwertigeren Aufbau. Zusätzlich zur GfK-Front ist auch die Heckwand aus einem soliden Formteil, das in seiner eigenständigen Gestaltung dem Esprit zumindest von hinten einen unverwechselbaren Auftritt verleiht. Der Topklasse vorbehalten ist zudem der doppelbödige Aufbau, der auf einem Alko-Tiefrahmenchassis ruht. Moderner und gefälliger ist auch der Übergang an den oberen Aufbaukanten ausgeführt. Die Dachplatte ist seitlich umgebogen und mit den Seitenwänden verklebt. Dach und Boden nutzen das steifere Styrofoam statt Styropor als Isolationsschicht.

Die Verarbeitung ist klassengerecht. Die Stoßkanten schließen sauber an. Feingeister könnten sich allenfalls an hier und da unter den Abdeckleisten hervorquellendem Dichtkleber stören oder an Schraubenköpfen mit Abdeckkappen, die die Kunststoff-Tiefziehteile etwa an den Radläufen halten. Die schmalen Seitenschürzen bestehen aus verdeckt montierten Aluprofilen. Fenster, Klappen und Türen zeigen sich sauber eingepasst. Die Aufbautür von Hartal kann durch Stabilität und Funktionalität überzeugen. Beim Schließen fragt man sich allerdings, ob die hohe Lärmentwicklung nicht vermeidbar wäre.

Die zweite Pforte neben dem Fahrerplatz wird serienmäßig eingebaut, eine dritte für den Beifahrer gibt es immerhin gegen Aufpreis. An die Solidität des Haupteingangs kommen sie jedoch beide nicht heran.

Ausbau

Ähnlich wie die äußere Silberlackierung kann der Esprit I auch innen durch seine edel wirkende Kombination aus dunklem Nussbaumdekor und cremefarbenem Lederimitat Staat machen. Freilich ist dafür ein beherzter Zuschlag beim Griff ins Portemonnaie fällig.
Sechs Plätze bieten sich für das gemütliche Kaffeekränzchen an. Die ovale Tischplatte ist auf einem Kreuzschlitten befestigt und lässt sich so zumindest an fünf Plätze heranschieben. Da die drehbaren Cockpitstühle ohne Höhenverstellung auskommen müssen, liegen Zusatzpolster als Ausgleich bei. Gemütliches Fernsehen am Abend wird durch einen Vorschlag aus dem Frauen-Workshop erleichtert: Hinter der Lehne der Seitenbank versteckt sich ein Flach-TV-Auszug, der mit einem Griff Rosamunde Pilcher in Augenhöhe präsentiert.

Für den Fahrbetrieb profiliert sich die Querbank durch höhenverstellbare Dreipunktgurte. Zur Perfektion fehlt allerdings eine Gurtführung, die nicht vom Lehnenpolster eingeklemmt werden kann. Nächtens bietet der 6870 gegen Aufpreis eine Auswahl zwischen gleich zwei Hub-Doppelbetten. Statt der Schränke hängt über dem Fahrerhaus dann eine ordentlich große Liegefläche mit komfortabler Ausstattung, Federkernmatratze, Lattenrost, Beleuchtung, Aufstiegsleiter und Dachhaube – alles da bis auf eine Ablagemöglichkeit für Brille und Bettlektüre.

Am Heckbett wurde auch daran gedacht. Wenn es hier noch etwas zu meckern gibt, dann höchstens an der Liegebreite, die mit 1,30 Meter nicht so üppig ausfällt. Optional werden die senkrechten Bettstreben durch einen hydraulischen Hubmechanismus ersetzt, der wahlweise den Zugang zum Bett erleichtert oder das Volumen der Heckgarage erweitert.
Ein praxisgerechtes Stauraumangebot war eine der Hauptforderungen der Hobby-Entwicklerinnen. Das große Heckgepäckabteil ist darauf eine der Antworten. Zurrösen sind serienmäßig vorhanden, die zweite Seitentür ist ein sinnvolles Extra. Ein weiteres Außenstaufach, besonders praktisch für lange Ladegüter wie Ski, eröffnet sich hinter einer flachen Klappe an der linken Mobilseite. Den Raum im Doppelboden machen zudem zwei Fußbodenluken im Innenraum zugänglich. Das eine Fach wird gezielt beheizt und ist etwa für nasse Schuhe gedacht – wieder so eine Frauenidee.

Küche

Erwartungen, dass ein Frauenmobil neue Wege im Küchenbereich geht, enttäuscht der I 6870 keineswegs. Die augenfälligste Besonderheit ist dabei die dreiteilige Glasabdeckung der Kocher-Spülen-Kombination. Die widerstreitenden Ansprüche – aufgeräumte Erscheinung, kompakte Abmessungen, genügend Arbeits- und Abstellfläche sowie Platz für größere Töpfe und Pfannen – werden hier zu einem neuartigen Kompromiss zusammengeführt. Dazu passt auch gut die alte Dethleffs-Tugend, die Kocherbedienknöpfe inklusive Elektrozündung an die Frontblende zu verlegen, ebenso wie die Gasabsperrventile.

Außergewöhnlich ist zudem die Einrichtung des Unterschranks. Drei riesige Schubladen nehmen Besteck, Geschirr, Kochutensilien und Vorräte nicht nur auf, sondern halten sie übersichtlich und leicht erreichbar bereit. So weit, so gut – allerdings macht die Schubladenkonstruktion nicht den allersolidesten Eindruck, und die hakeligen Drucktastenschlösser nerven im Reisealltag.

Sanitärraum

Um neue Ideen zur Raumoptimierung war das siebenköpfige Frauenteam keineswegs verlegen – auch im Sanitärbereich. Separate Dusche oder nicht? Um die vermeintliche Platzverschwendung in Grenzen zu halten, ersann man einen verschiebbaren Waschtisch, der sich in die offene Duschkabine verdünnisiert. So wird die Toilettenbenutzung komfortabler. Allerdings könnte der Verschiebemechanismus mehr Präzision vertragen. Die Duschkabine ist nicht üppig, aber praxistauglich eingerichtet. Lobende Erwähnung findet ebenfalls das Stauraumangebot in Unter- und Hängeschränken.

Bordtechnik

Die Wasserreservoire ruhen gut geschützt im Zwischenboden. Die Ablasshähne sind mit der Druckpumpe in einem von außen zugänglichen Servicefach zusammengefasst. Gleich zwei 80-Ah-Gel-Batterien bringt Dethleffs geschickt in der Beifahrersitzkonsole unter. Mit numerischen und grafischen Anzeigen macht das moderne Display-Kontrollbord alle Füll- und Betriebszustände sichtbar. Besonders angenehm, dass die aktuelle Kapazität der Bordbatterie angezeigt wird – allerdings vom zum Luxuspaket zählenden Anzeigeinstrument.

Bereits zum Serienumfang zählt dagegen eine Truma-Saphir-Klimaanlage, die weitgehend unsichtbar im Zwischenboden werkelt und sich via Fernbedienung steuern lässt. Serie ist ebenso die große Truma-C-Heizung mit Ausströmern von der Frontscheibe bis zum Heckbett. Nur schwach versorgt wird die Heckgarage, die es wegen der ungedämmten Bodenplatte aber nötig hat.

Basisfahrzeug

Mit dem Ducato samt Alko-Tiefrahmenchassis lässt sich der Esprit fast sportlich bewegen, zumindest wenn der Aufpreis für den kräftigen Drei-Liter-Motor bezahlt wurde. Der fühlt sich in dieser Gewichtsklasse so richtig wohl. Die mangelnde Übersichtlichkeit des Fahrerhauses wurde bereits beim großen Integriertentest in promobil 4/2007 beklagt. Anders als beim Advantage I bietet der Esprit I aber eine höhere Frontscheibe und damit mehr Weitblick – womöglich eine weibliche Eigenschaft?