Im kürzesten Chausson Allegro steckt eine Grundrissidee für Paare, die manches für sich hat. Erster Test des Modells 2006.
Im kürzesten Chausson Allegro steckt eine Grundrissidee für Paare, die manches für sich hat. Erster Test des Modells 2006.
Aus Frankreich schwappte die Welle der Teilintegrierten einst zu uns. Wenn es um Trends bei den flachen Reisemobilen geht, lohnt sich der Blick zu den Nachbarn also allemal. Der neue Chausson Allegro 82 ist mit seinem Renault-Fahrgestell ein waschechter Franzose. Und er bringt eine links des Rheins immer beliebter werdende Raumaufteilung mit, die auch bei uns Freunde finden könnte: Längsbänke statt Halbdinette. Der Charme dieser Idee erschließt sich auf Anhieb. Selbst ohne gedrehte Vordersitze wirkt der Wohnbereich offen und gemütlich. Dennoch begnügt sich der Allegro 82 im Vergleich zu einem Modell mit Halbdinette und Seitenbank sogar mit einem halben Meter weniger Aufbaulänge.
Der gravierendste Nachteil dieser Konstellation soll aber ebenso wenig verschwiegen werden: Aus Sicherheitsgründen kommen die Längsbänke für Mitfahrer nicht in Frage. Viele Paare können mit dieser Einschränkung leben. Auf Tour im Renault-Fahrerhaus dürfen sich diese jedenfalls wie Gott in Frankreich fühlen.
Sitzposition und -qualität lassen nichts zu wünschen übrig. Ebenfalls gut für die Kondition auf langen Strecken: Federung sowie Geräuschdämmung des Renault. Eine weitere Komfortsteigerung bringt das neue Quickshift-Getriebe (siehe Kasten rechts). Der 114-PS-Motor fördert so oder so das sanfte Dahingleiten. Ein wenig phlegmatisch veranlagt und mit lang übersetztem sechsten Gang ausgerüstet, kann er ohnehin keine Bäume ausreißen.
Zum stressfreien Fahren gehört auch problemloses Rangieren; durch seinen für Teilintegrierte kurzen Radstand eine Domäne des Allegro 82. Der Chausson erfreut beim Zurücksetzen außerdem durch serienmäßige Sensoren im Heck, die rechtzeitig vor Stoßstangenremplern warnen. Dazu gibt’s ein Heckfenster und helle Rückfahrleuchten. In kniffligen Situationen wünscht man sich allenfalls größere Außenspiegel – und ebenes Terrain: Der lange Überhang mit Unterflur-Abwassertank setzt schnell auf.
Auch optisch wirkt der Allegro 82 hecklastig und kann durch die schmale hintere Spur nicht an die äußere Eleganz seiner Vorgänger anknüpfen. Und innen? Da stellt Chausson in seiner Top-Baureihe eine ganze Kollektion von Designelementen zur Schau: zweifarbige Möbelklappen, Multiplexkanten und Aluminiumapplikationen. Das bringt Abwechslung, aber nicht unbedingt die erhoffte edle Anmutung. Schon der Laienblick entlarvt die Hölzer als Folie, die Aluminiumgriffe als Plastikteile. Die Verarbeitung offenbart teils südfranzösische Leichtlebigkeit: Im Testwagen öffnete sich stets ein Rolloschrank während der Fahrt, Plastikkappen verabschiedeten sich, und das zusätzliche Tischbein für den Bettenbau hing schlaff herunter. Auch die Kabelverlegung im Allegro entspricht nicht jedermanns Ordnungssinn. Wohl geordnet darf man andererseits die eigenen Habseligkeiten unterbringen. In den durchweg sinnvoll unterteilten Hängeschränken, dem Kleiderschrank mit extra Wäschefach und dem von innen und außen erreichbaren Stauraum unter dem Bett findet sich für alles der richtige Platz. Dies gilt ohne Einschränkungen auch für die Küche, deren Ausstattung den hohen Stellenwert der Kochkunst in unserem Nachbarland bestätigt. Weder Backofen noch hoher Kühlschrank kosten extra. Selbst die ausklappbare Abstellfläche über dem Fußende der Matratze kann ein Stück Lebensart sein: So lässt sich der erste Kaffee des Tages schon im Bett genießen. Die Liegefläche fällt nicht ganz so knapp aus, wie mancher bei einem französischen Bett befürchtet. Doch bei gut 1,30 Meter Matratzenbreite bleibt es eher kuschelig als luxuriös. In heißen Nächten lernt man daher die serienmäßige Ventilatorhaube über dem Bett zu schätzen. Der Lüfter zeigt ebenfalls beim Kochen deutlich mehr Wirkung als der Dunstabzug über dem Gasherd.
Den verbleibenden Platz neben der Liegefläche nimmt das Bad in Anspruch. Viel Spielraum bleibt da üblicherweise nicht, doch macht Chausson das Beste daraus. Mit etwas Übung und dem richtigen Dreh der Toilettenschüssel kann man sich mit der Bewegungsfreiheit um Waschbecken, WC und Dusche arrangieren. Überdies entdeckt man in vielen Badezimmerdetails das gewisse Etwas, das man von einem Franzosen gemeinhin erwartet. Vielen Vorurteilen zum Trotz beherrscht der Allegro aber auch ernsthaftere, technische Themen. Das Kontrollbord informiert auf den Liter genau über die Füllstände der Wassertanks. Zahlreiche Halogenspots bringen stets Licht ins Dunkel. Noch wichtiger an Herbst- und Winterabenden: eine wirkungsvolle Erwärmung. Die Modelle 2006 auf Renault-Fahrgestellen haben sich vom exotischen Heizungssystem ihrer Vorgänger verabschiedet und vertrauen wieder auf die gängige Trumatic. Dabei suchten die Entwickler bei der Verlegung der Warmluftkanäle im Allegro 82 nicht die einfachsten, sondern die effizientesten Wege. Mustergültig versorgt die Trumatic daher sonst oft vernachlässigte Ecken sowie eine Wanne um den unterflur montierten Abwassertank. Während der Fahrt beheizt ein zweiter Motorwärmetauscher den Bereich der Sitzgruppe und hilft dadurch beim Haushalten mit dem Gasvorrat. Bedenklich stimmen jedoch zwei Wärmebrücken der Aufbaukonstruktion: An den blechernen hinteren Radkästen des Renault und am abgesenkten Einstieg verzichtet Chausson auf eine Isolierung. Andererseits profitiert der Allegro 82 gerade auch an kalten Tagen von seinem Grundriss. Auf den gut gepolsterten Längsbänken sitzt man wintertags gemütlicher als auf manchem Sitz im prinzipbedingt unisolierten Fahrerhaus.
Technische Daten (Stand: Januar 2006) Hersteller: Chausson Modell: Chausson Allegro 82 Basisfahrzeug: Renault Master 2.5 dCi Typ: Teilintegrierter Preis: ab 47747 EUR Sitze mit Gurt: 2 Schlafplätze: 3 Zul. Gesamtgewicht: 3500 kg Länge: 6560 mm Breite: 2300 mm Höhe: 2720 mm Basismotor: Turbodiesel KW: 84 PS: 114
Im Chausson getestet: das neue Quickshift-Getriebe für den Renault Master. Dabei handelt es sich um eine automatisierte Ausführung der sonst serienmäßigen Sechsgang-Schaltbox. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Automatik halten sich daher Zusatzgewicht (10 kg) und -kosten (bei Chausson 1315 Euro) in Grenzen.
Beim Fahren kann Quickshift nahezu den Komfort eines Wandlerautomaten bieten: Nimmt man den Fuß von der Bremse, setzt eine Kriechfunktion ein, die Rangieren und Stop-and-go-Verkehr erleichtert. Nur an steilen Steigungen greift man beim Anfahren besser zur Handbremse, sonst rollt der Renault beim Wechsel von der Bremse zum Gas ein klein wenig zurück.