Bürstner T 640

Bürstner T 640

Test Bürstner T 640

Nicht nur im eigenen Haus definiert der Avantgarde eine neue Oberklasse unter den Teilintegrierten.

Wer erfolgreich ist, der leistet sich gern etwas Besonderes. Da geht es Unternehmen nicht anders als deren Kunden. Nach einer rasanten Aufwärtsentwicklung in den vergangenen Jahren gönnt sich Bürstner nun ein echtes Schmuckstück. Der Avantgarde ersetzt weder vorhandene Modelle, noch soll er die Stückzahlen drastisch steigern helfen. Der Schönling zeigt vielmehr, zu welchen Höhenflügen die frühere Brot-und-Butter- Marke inzwischen in der Lage ist. Gar nicht abgehoben, baut der Avantgarde dabei auf zwei feste Pfeiler der Bürstner-Identität: auf den schon traditionellen Schwerpunkt bei flotten Teilintegrierten und auf geistreich gestaltetes Wohnambiente mit einem Blick fürs Detail.
Die erste Begegnung mit dem Avantgarde weckt spontan Erinnerungen an die Aufsehen erregende VW-Studie All-in-One. In beiden Fällen nimmt eine auffällige Dachsicke optische Höhe, verschmelzen Fahrerhaus und Aufbau zu einem Gesamtkunstwerk. Die Parallelen kommen nicht von ungefähr. Beide Aufbauentwürfe stammen aus der Feder von Professor Johann Tomforde. Der Avantgarde allerdings verzichtet auf übertriebene Show-Effekte. Zurückhaltende Eleganz und ausgewogene Proportionen machen den Reiz der Seitenlinie aus. Kein dicker Rahmen an den Serviceklappen durchbricht die Harmonie. Sogar auf eine kantige Steckdosenabdeckung konnte man verzichten. Einfache Lösung: Das Stromkabel wird am Wagenboden eingesteckt. Fragende Blicke könnte auch die serienmäßige Dachreling angesichts fehlender Heckleiter auslösen. Nur ein Designer-Gag? Bürstner verneint die Frage mit der serienmäßig mitgelieferten Leiter, die sich teleskopartig ausschieben lässt.
So kann das Heck des Avantgarde einen markanten Schlusspunkt setzen. Die Spoilerkante am Dach, der robust wirkende

Stoßstangenbereich und edle Leuchteneinheiten wurden ganz offenbar von aktuellem Pkw-Design inspiriert. Übliche Sandwich-Platten wären mit diesen Formen überfordert. Der gesamte Aufbau des Avantgarde wird aus GfK-Teilen zusammengefügt, die auch rahmenlose Fenster völlig flächenbündig aufnehmen. Wer da die weiße Reisemobil-Einheitsfarbe als unpassend empfindet, bekommt gegen Aufpreis auch die derzeit beliebteste Pkw- Farbgebung: Fahrerhaus oder das gesamte Fahrzeug sind mit silberner Lackierung zu haben. Damit der Avantgarde möglichst so sportlich fährt, wie er aussieht, verwendet Bürstner die Kombination aus Fiat-Fahrerhaus und Alko-Tiefrahmen. Automobilem Niveau nähert sich ebenso die sonst oft vernachlässigte Ausstattung des Cockpits. Zwei Airbags, Klimaanlage, CD-Radio und Elektroantrieb für Fensterheber und Spiegelverstellung gehören dazu. Noch seltener findet man in Reisemobilen eine Zentralverriegelung für Fahrerhaus, Aufbautür und Stauraumklappe. Selbst Nebelscheinwerfer und Leichtmetallfelgen kosten keinen Mehrpreis. Damit relativiert sich auch der Grundpreis von über 60 000 Euro für den gezeigten T 640. Für nüchtern kalkulierende Pragmatiker dürfte der Avantgarde dennoch kaum in die engere Wahl kommen. Von Größe und Grundriss her vergleichbare Teilintegrierte bekommt man deutlich günstiger – auch bei Bürstner, wo es weiterhin zahlreiche T-Alternativen gibt. Den Avantgarde muss man lieben oder lassen. Sich in ihn zu verlieben, das macht nicht allein die konsequente äußere Formgebung leicht. Innen geht das Cockpit mit gleicher Selbstverständlichkeit in den Aufbaubereich über. Die textilkaschierten Ablagen über dem Fahrerhaus könnten auch aus dem Automobilbau stammen. Lautsprecher und zusätzliche Leuchten finden hier einen adäquaten Platz. Alle Innenwände und der Dachbereich sind mit grauem, weich unterfüttertem Stoff statt mit herkömmlichen Papierfolien bezogen. Doch der Avantgarde wäre kein echter Bürstner, wenn der klaren automobilen Linie die Wohnlichkeit zum Opfer gefallen wäre.

Wie alle neueren Modelle der Marke trägt auch der teuerste Teilintegrierte im Interieur die Handschrift von Innenarchitektin Elke Steinlein. Wohnlichkeit definierte ihr Team im Falle des Avantgarde als geradlinige, aber nicht kühle Studioatmosphäre. Verspielt wirkende Kleinigkeiten wie die Stoffkombination an den Stores oder die Schwanenhalsleuchten über der Sitzgruppe kommen angesichts dezenter Möbelfronten erst richtig zur Geltung. Die Schränke wiederum beziehen ihren Reiz aus den Rundungen. Viertel- und Halbkreise ziehen in der Küche die Blicke auf sich; in einer konkav ausgeformten Wand verschwinden weiter hinten die Türen von Kleiderschrank und Bad – der Avantgarde T 640 lässt völlig vergessen, dass sein Grundriss eine altbekannte Größe unter den Teilintegrierten ist. Im Falle des Kühlschranks zogen die Entwickler aus der bauchigen Form auch greifbaren Nutzwert. Vor dem eigentlichen Kühlbereich brachte Bürstner noch einen flachen Schrank für Kleinkram unter. Um Fächer und Ablagen kümmerte man sich auch in anderen Bereichen: Stofftaschen räumen im Kleiderschrank auf. Im Sinne der Ordnung unterteilte Bürstner ebenso den großen Stauraum unter dem Heckbett. An das kleinere Fach gelangt man über eine Innenklappe. Den größeren Bereich belädt man von außen bequem durch einen ausziehbaren Laderaumboden – das hat man bei noblen Pkw-Kombis schon einmal gesehen. Der Klapptisch und die Stühle, die im Heck klapperfrei eingelagert sind, kosten übrigens keinen Euro extra. Das gehört genauso zum großzügigen Stil des Avantgarde wie die Wahl unter acht Stoffen und einer Ledergarnitur. Seinen Namen Avantgarde, also Vorreiter, trägt er in jedem Fall zu Recht. Viele Elemente des T-Modells werden sich auch an einem weiteren Aushängeschild der Marke wieder finden: Bis zum Caravan-Salon sollen erste Prototypen eines neuen Integrierten fertig gestellt sein.

Technische Daten (Stand: Juli 2002) Hersteller: Bürstner Modell: T 640 Basisfahrzeug: Fiat Ducato 15 mit Alko-Tiefrahmen, Typ: Teilintegrierter Preis: ab 60880 EUR Sitze mit Gurt: 6 Schlafplätze: 4 Zul. Gesamtgewicht: 3500 kg Länge: 6400 mm Basismotor: Diesel KW: 93 PS: 127

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