Wenn Visionen von Fahrzeugentwicklern Wirklichkeit werden, bricht das Resultat mitunter mit Sehgewohnheiten. Sollte es auch, schon um Aufmerksamkeit zu erregen und Fortschritt zu signalisieren. Dem ersten Integrierten von Adria gelingt beides auf Anhieb, denn der Traum hat eine betont markante Gestalt angenommen. Es geht aufwärts mit der Marke, da passt ein selbstbewusst auftretender Integrierter gut ins Bild. Ob der Name Vision besagen will, dass ein hoher Anteil der ursprünglichen Idee den Weg in die Wirklichkeit gefunden hat?
Jedenfalls steht er jetzt leibhaftig und optisch sehr präsent vor dem Interessenten. Zurückhaltung? Fehlanzeige. Der Vision reißt sein Kühlermaul ganz schön weit auf. Als wolle er die Straße in sich einsaugen. Was ihm irgendwie sogar gelingt.
Die Besonderheit des Vision besteht nicht nur in seiner markigen Hülle, sondern auch darin, was untendrunter steckt. Erstmals tut in einem Integrierten nämlich der aktuelle Renault Master Dienst. Sehr ernsthaft übrigens: Airbags sind von Anfang an lieferbar.
Auch sonst wirft sich der Franzose mächtig ins Zeug. Der Antritt des optionalen, burschikosen Drei-Liter-Motors steht seinem fauchenden Sound in nichts nach. Das fühlt sich in niedrigen Gängen geradezu spektakulär an. Doch bei höherer Geschwindigkeit haben es die 320 Newtonmeter Drehmoment schwer, mit den großen Sprüngen der Getriebeabstufung Schritt zu halten.
Alles in allem macht die Basis einen guten Job, was man auch der gelungenen Kombination mit einem Alko-Tiefrahmen zuschreiben darf. Dessen breite hintere Spur unterstützt den komfortabel einfedernden Master in Kurven. Außerdem spielt das Chassis beim Gewicht eine tragende Rolle: Damit ist eine Auflastung auf 3,85 Tonnen möglich, und die gehört unbedingt dazu, um mit dem auch als 3,5-Tonner angebotenen Vision legal auf Reisen zu gehen. Doch offenbar träumte der Entwickler eher von der opulenten Aussicht durch die große Windschutzscheibe als von einer realistischen Vorderachszuladung.
Wer sich mit dem kleineren 2.5 dCi zufrieden gibt, kommt immerhin auf knapp 200 Kilogramm. Die GfK-Kabine steht auf einem sauber aufgeteilten Doppelboden. Zugang gewähren Schürzenklappen und die große Heckgarage. Deren Volumen lässt sich mit der Höhe des Betts darüber elektrisch verstellen. Der Grundriss des Vision fällt großzügig aus. Geschickt weiten sich zur Sitzgruppe hin Bad- und Küchenzeile. An Cockpitsesseln, Halbdinette und Seitenbank nehmen bis zu fünf Personen auf hellem Alcantara komfortabel Platz. Das Ambiente wirkt durch das glattflächig geschwungene Möbeldesign kühl und modern. Die Machart aus Sperrholz und Foliendekor ist dagegen zu konventionell, um wirklich edel daherzukommen. Neben dem dunklen Dekor gibt es auch eine gefällige helle Variante.
Vom großen, praktisch eingeteilten Kleiderschrank abgesehen ist Stauraum knapp. Garderobenhaken fehlen. Als Ausweichquartier für Wäsche bieten sich die Küchenschubladen an, in denen auch dann noch Platz bleibt, wenn man sich für die mehrmonatige Traumreise bevorratet hat. Dank Backofen, je einem Auszug für Flaschen und Mülleimer, großem Kühlschrank, Dunstabzug und der schweren Arbeitsplatte lässt die luxuriöse Küchenausstattung kaum Wünsche offen. Für süße Träume bietet eine gute Schlafgrundlage die besten Voraussetzungen. Sowohl das elektrisch absenkbare Hubbett als auch die Koje im Heck erfüllen diesen Anspruch, aber mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Wartet das vordere Bett mit mehr Breite auf, kann das hintere mit der besseren Ausstattung glänzen; nur hinten finden sich Ablagen und Leselampen.
Die schmerzhaft hohe Bettkante sollte Adria aber noch tiefer legen. Und auch bei der Beheizung nachbessern. Weil der neue Tag frisch geduscht noch mal so gut beginnt, besitzt der Vision eine separate Kabine, die den Reisenden im Vergleich zum Rest des wohnlichen Bades viel Bewegungsfreiheit lässt. Über die üppigen Wasservorräte informiert ein programmierbares Kontrollbord. Außer der etwas mageren Beleuchtung und dem mittig unterm Fahrzeug platzierten Abwasserabfluss gibt es an der Bordtechnik nichts auszusetzen. Da haben die Adria-Entwickler die Träume ihrer Kunden ganz richtig gedeutet.
Technische Daten (Stand: März 2006) Hersteller: Adria Modell: Adria Vision 707 i Basisfahrzeug: Renault Master 3.0 dCi Typ: Integrierter Preis: ab 65990 EUR Sitze mit Gurt: 4 Schlafplätze: 4 Zul. Gesamtgewicht: 3500 kg Länge: 7190 mm Breite: 2290 mm Höhe: 2890 mm Basismotor: Turbodiesel KW: 100 PS: 136